Ein kurzer Recruiterwitz: Stell Dir vor, Du inserierst eine offene Stelle und kannst Dich vor Bewerbungen nicht mehr retten. 😉

Das war einmal. Heute sind viele Personaler froh, wenn sich genug Kandidaten melden, so dass wenigsten der Eindruck entsteht, man habe eine Wahl.

Und nun behaupte ich, dass es einfach sei, nicht nur überhaupt jemanden zu finden, sondern auch noch die Richtigen. Die schlechte Nachricht: So leicht wie der Sonntagsbummel um den Häuserblock ist es nicht. Die gute Nachricht: Die Lage ist nicht hoffnungslos. Ein paar wesentliche Schlüssel sind notwendig, um erfolgreich zu sein.

Erfolgreiches Recruiting ist Einstellungssache

Noch vor einigen Jahren lebten wir Personaler im Luxus der Bewerberflut, aber diese Zeiten sind passé. Dennoch gibt es immer noch die Dinosaurier-Personaler und Steinzeit-Recruiter, die Bewerber als lästige Bittsteller sehen.

Solche Verhaltensweisen sind generell unangebracht und in Zeiten des vermeintlichen Fachkräftemangels aus meiner Sicht sogar ein Kündigungsgrund. Fest steht, dass der Arbeitsmarkt weiter im Wandel ist und die Bewerber eine gute Verhandlungsposition haben: Der Bewerber ist König. 

Die Unternehmen müssen aktiv sein, sich als attraktiver Arbeitgeber positionieren und das Finden neuer Mitarbeiter den entsprechenden Stellenwert geben, um erfolgreich zu sein. Recruiting ist kein Nebenjob, der mal so eben mitgemacht werden kann.

Recruiting als Hobby Silke Glüsenkamp plusculum

Ein realistisches Anforderungsprofil

„Wir suchen jemanden zwischen 22 und 26 Jahren alt mit 30 Jahren Berufserfahrung.“ Ok, das ist offensichtlich. Trotzdem scheint es nicht auszurotten zu sein, denn sonst würde es im Internet nicht so viele Witze darüber geben:

Berufserfahrung Überstunden Witz

Mir geht es wirklich darum, dass auch mit Blick auf den Arbeitsmarkt klar ist, welche Kombination von Qualifikationen und persönlichen Stärken nicht nur eine Halluzination bleibt, sondern tatsächlich zu finden ist.

Sehr oft sehe ich, dass beispielsweise Führungskräfte gesucht werden, die Konzepte erstellen, am System arbeiten, ein mittelgroßes Team führen sollen – und gleichzeitig noch zu 80% operativ im Tagesgeschäft mitarbeiten. Allein die Kombination der Aufgaben ist oft so widersprüchlich, dass es kaum möglich sein wird, diese eine Person zu finden, diese eierlegende Wollmilchsau. Wenn dieses Supertalent auch noch bereit ist, alles Mögliche zu arbeiten, dann hat man sein ganz selbstpersönliches Einhorn gefunden.

Ein IT-Systemadministrator tickt anders als ein Software-Entwickler, ein Controller anders als ein Buchhalter. Selbst wenn die Führungskräfte, die Hiring Manager, darauf bestehen, solche abenteuerlichen Menschen zu suchen, dann braucht es gute Klärung und eine umsetzbare Anforderung.

Vor allem geht es auch um die Klärung, was denn die richtigen Mitarbeiter mitbringen sollen. Ich betone ausdrücklich RICHTIG, weil neben der fachlichen Qualifikation noch andere Aspekte eine Rolle spielen. Welche persönlichen Stärken und Motivationsstrategien soll der Kandidat mitbringen? Wie wird er seine Rolle im Team ausfüllen? Passt er mit seiner Persönlichkeit auch zur Unternehmenskultur?

Meine klare Priorität:

Persönlichkeit vor Qualifikation

„Hire attitude, train skills.“ Denn Menschen verändern sich selten, aber Fachwissen lässt sich lernen.

Eine wirksame Stellenanzeige

Die Stellenanzeige wurde zwar schon oft für tot erklärt, ist zurzeit immer noch der Weg, um der Welt zu sagen, dass eine tolle Stelle frei ist. Wobei ich an dieser Stelle sagen möchte, dass ich manches Mal die Todeserklärungen unterstützen wollte, wenn ich den Einheitsbrei in den Karriereteilen der Verlagshäuser oder auf den Jobportalen sehe.

Stellenanzeige leicht gemacht

Schreib doch einfach mal Klartext! Und wenn Du dabei Unterstützung brauchst, dann findest Du hier mehr Infos dazu.

Im Blog findest Du einige Artikel zum Thema Stellenanzeige. Um noch einmal die wichtigsten Punkte für eine effiziente Stellenanzeige zu nennen:

  • Definiere einen eindeutigen Stellentitel. Kreativität ist dabei weniger gefordert, vielmehr geht es um unmissverständliche Titel.
  • Schreib im Text klar und deutlich, worum es geht. Verzichte auf Einheitsbrei, setz auf Klartext.
  • Kenn´ Deine Zielgruppe, denn: der Köder muss dem Fisch schmecken.

Eine gute Stellenanzeige bietet Klarheit und inspiriert den interessierten Leser.

Neue Wege im Recruiting

Also doch keine Stellenanzeige? Jein, eben nicht ausschließlich.

Wenn Du Dich intensiv mit Deiner relevanten Zielgruppe beschäftigt hast, dann kennst Du andere Wege, die den Kontakt mit dem potenziellen Kandidaten ermöglichen. Die Wege können völlig unterschiedlich sein:

  • Plakate an der Straße
  • Werbung an Bushaltestellen
  • Recruiting-Events
  • Jobmessen
  • Beilagen in Zeitschriften
  • Werbung in den Sozialen Medien
  • Beiträge in einem Forum
  • Unternehmensblog
  • … und viele mehr, abhängig davon, welchen Köder der Fisch denn braucht

Ein gutes Angebot

Damit ist nicht (nur) das konkrete Gehalt für die offene Stelle gemeint. Wobei es in der Stellenanzeige eine gute Differenzierung wäre, denn nur wenige Unternehmen veröffentlichen die geplante Verdienstspanne für ihre Stellen. Fehlt der Mut? 😉 … Ja, ich kenne das Dilemma: Oftmals verdienen langjährige Mitarbeiter weniger als das, was aktuelle Einstiegsgehälter sind. Das ist ein spannendes Thema für einen anderen Blogbeitrag. 😀

Was sind die Vorteile, die Du potenziellen Kandidaten bieten kannst? Das beinhaltet zum einen den Aspekt der Arbeitgebermarke (was macht das Unternehmen generell zu einem interessanten Arbeitgeber) und zum anderen die Besonderheiten der Stelle (wieso ist die Stelle spannend und welche Optionen hat der Kandidat genau dort).

Viele Anregungen und Gedanken zur Arbeitgebermarke findest Du auch in älteren Blogbeiträgen:

7 Mythen über Employer Branding

Betrugsfall Arbeitgebermarketing

Employer Branding für KMU

Ein transparenter Bewerbungsprozess

Ein transparenter Bewerbungsprozess beginnt schon bei der Karrierewebsite. Ich hoffe, dass mittlerweile jedes Unternehmen eine hat und die Seite auch auf einen Blick mit einem Klick zu finden ist. Das ist leider immer noch keine Selbstverständlichkeit. Die Internetauftritte vieler Unternehmen sind vom Marketing/ Vertrieb gesteuert und da bleiben andere Perspektiven manchmal auf der Strecke.

Vor einer Weile war bei einem bekannten Fruchtsafthersteller die Karriereseite unter Unternehmen/Standorte/Karriere versteckt. Mittlerweile ist das korrigiert. Die Karriereseite ist dennoch mit vielen Fotos der Gebäude, LKW und gefüllten Produktregalen dekoriert, aber immerhin finden sich auch schon einige Fotos, die wohl Arbeitssituationen zeigen.

In der Annahme, dass ein potenzieller Kandidat also die offenen Stellen eines Unternehmens überhaupt findet, sollte auch der Bewerbungsprozess hürdenlos und transparent sein.

Hürdenlos bedeutet, dass das Senden einer Bewerbung ganz unkompliziert ist. Das Ausfüllen von baffzig Feldern in einer Bewerbermanagementsoftware nervt die Kandidaten; sie brechen die Bewerbung ab. Viele Systeme bieten schon one-klick-Bewerbungen an und bieten die Möglichkeit, das persönliche Profil auf LinkedIn oder XING für eine Bewerbung zu nutzen.

Die Kandidaten erwarten schnelle Antworten, je schneller umso besser. Menschen sind umgehende Reaktionen gewohnt: der Daumen hoch in den Social Media, die Bestellbestätigung bei Amazon, die Benachrichtigung, wenn Zahlungseingänge auf dem Konto sind.

Halte die Kandidaten zeitnah auf dem Laufenden.

Alles klar? Sonst einfach nachlesen, wie Du Deine Bewerber garantiert vergraulst. 

Recruiting hört nicht bei der Zusage auf

Alles ist entschieden, Ihr seid Euch einig, beide Seiten haben ja gesagt. Und sobald der Vertrag unterschrieben ist, wird der „Fall“ zur Personalakte und verschwindet oft in Aktenschränken oder digitalen Ablagen. Funkstille bis zum ersten Arbeitstag.

Stellenwechsel sind immer Entscheidungen mit Tragweite und nicht selten tauchen beim Kandidaten Fragen auf, ob die Entscheidung gut war. Im Vertrieb und Marketing ist man auf diese „Nachkauf-Dissonanzen“ vorbereitet und bestärkt den Kunden nach dem Kauf in seiner Entscheidung. Das können wir auch im Kontakt mit unseren neuen Mitarbeitern nutzen.

Nicht selten vergehen noch ein paar Wochen zwischen der Vertragsunterschrift und dem Wiedersehen am ersten Arbeitstag. Dieser Zeitraum ist eklatant unterschätzt, dabei ist es relativ leicht, in dieser „Zwischenzeit“ als positiv wahrgenommener Arbeitgeber zu punkten.

Es gibt Unternehmen, die zum Beispiel „Starterpakete“ versenden. Andere schicken eine Postkarte, ein Foto des neuen Teams oder ein kleines Give away. Spätestens ein paar Tage vor dem ersten Arbeitstag ist es eine schöne Geste, wenn der Arbeitgeber nochmals Willkommensgrüße sendet und ein paar Informationen zum ersten Arbeitstag, z.B. wann es losgeht, wer der Ansprechpartner ist oder was der Mitarbeiter noch mitbringen soll. Gar nicht so aufwändig und bringt eine positive Wirkung.

Die 7 Schlüssel zum Recruitingerfolg

1) Erfolgreiches Recruiting ist Einstellungssache

2) Ein realistisches Anforderungsprofil

3) Eine wirksame Stellenanzeige

4) Neue Wege im Recruiting

5) Ein gutes Angebot

6) Ein transparenter Bewerbungsprozess

7) Recruiting hört nicht bei der Zusage auf

Dieser Artikel ist übrigens eine kurze Vorschau auf mein Interview beim Onlinekongress „101 Antworten auf den Fachkräftemangel“. Die Interviews sind alle werbefrei, die Teilnahme kostenlos, aber bestimmt nicht umsonst. 33 Experten geben Tipps. (Dieser Kongress hat bereits im Oktober 2019 stattgefunden.)