Hinweis vor dem Lesen: Dieser Artikel enthält nicht nur Spuren von Ironie, sondern wurde ausgiebig darin gebadet.

Vor einer Weile glaubte ich noch fest an den Fortschritt der Menschheit und daran, dass Wolpertinger und eierlegende Wollmilchsäue als Fantasiewesen identifiziert worden seien. Fabelwesen. Fabelhaft. Hm, vielleicht ist das der Knackpunkt: wir suchen nach etwas so fantastischem, dass es gleich fabelhaft sein soll. Und nur weil ich zwar an Wunder, aber nicht an die eierlegende Wollmilchsau glaube, heißt es ja nicht, dass ich Recht habe.

Am Markttag in Schwarzenberg habe ich letzte Woche sogar Trophäen entdeckt, die womöglich als Beweise zur Existenz der vermeintlichen Fabelwesen gelten:

fabelwesen

Wie auch immer – einige Führungskräfte geben sich mit nicht weniger als der eierlegenden Wollmilchsau zufrieden. Da kann ein guter Bewerber oder gar ein richtiger Kandidat einfach nicht mithalten im Glanz des Fabelwesens. Geblendet? Blender?

Hier meine ultimativen Tipps, was Du brauchst, um die eierlegende Wollmilchsau zu suchen:

# 1 Grenzgeniale Stellenbezeichnung

Wir sind uns einig – besondere Bewerber brauchen besondere Herausforderungen. Wer also ernsthaft die eierlegende Wollmilchsau sucht, der darf all seine Kreativität in die Stellenbezeichnung einbringen.

Welcher Bewerber lässt sich denn mit Normalo-Titeln wie Lagermitarbeiter oder Interner Trainer locken? Da braucht man mindestens so verlockende Bezeichnungen wie „Inhouse Logistiker“ oder „Learning & Development Specialist“.

Das reicht auch noch nicht? Na dann hilft nur noch etwas dicker auftragen. Habe ich übrigens schon jemals erwähnt, dass ich als Ninja-Meister arbeiten könnte?

silke-ninja-meister

# 2 Ultimatives Anforderungsprofil

Mit der grenzgenialen Stellenbezeichnung hast Du dem Bewerber schon das wichtigste Lockmittel präsentiert. Sei in der Formulierung der Anforderungen also konsequent grenzgenial und keinesfalls realistisch. Das könnte zu Verwirrung führen.

Behalt immer im Kopf, dass Supertalente sich schon früh entwickeln und aller Wahrscheinlichkeit nach schon mit zwanzig ihr Studium beendet haben werden. Summa cum laude. Mindestens. Suchst Du nach einem etwas erfahrenen Kandidaten, dann sollte mit Mitte zwanzig schon ein Doktortitel vorhanden sein.

Mehrere Sprachen sind unerlässlich. Neben Standards wie Englisch, Deutsch, Spanisch und Chinesisch sind aktuell auch eher exotische Sprachen wie koloniales Yukatekisch und Bambara immer mal wieder gefragt.

Mit Blick auf die Persönlichkeit des Kandidaten ist es wichtig, ihm alle Möglichkeiten offen zu halten. Plane doch einfach eine Person ein, die wundersam alle Gegenpole der Metaprogramme in sich vereint. Ein Teamplayer, der am liebsten in aller Ruhe daheim unabhängig in seinem Homeoffice werkelt. Und denk daran, dass es auch wichtig sein mag, dass die eierlegende Wollmilchsau schnell ihre eigenen Entscheidungen trifft und die Entscheidung in jedem Fall an der Meinung des Vorgesetzten, der Kunden und Lieferanten orientiert.

Im Grunde also einfach – definiere eine möglichst breite Verhaltenspalette, die gewünscht ist. Es wird schon für jemanden passen.

# 3 Plattitüden

So eine eierlegende Wollmilchsau findet man wirklich sehr selten. Extrem selten. Und da die Spezies so wenig bekannt ist, wird auch die Ansprache etwas schwierig. Also formuliert man am Besten die Stellenanzeige möglichst schwammig und allgemein. So besteht die Chance, dass sich jeder angesprochen fühlt und sich unter den Bewerbern das seltene Exemplar befindet.

Als Minimum empfehle ich, das Unternehmen als innovativen und dynamischen Marktführer zu präsentieren, das einen kommunikationsstarken, belastbaren, teamfähigen, selbständig arbeitenden und flexiblen Mitarbeiter sucht. Et voilà – wer fühlt sich da nicht angesprochen und kann noch nein sagen?

Das hier könntest Du als Anregung nutzen:

Stellenanzeige leicht gemacht

# 4 Küchenpsychologische Kenntnisse

Kommt es zu persönlichen Kontakten mit den Bewerbern geht es darum, die Blender auszusortieren. Dabei ist es unerlässlich, auf anscheinend unwichtige Details zu schauen.

Lücken im Lebenslauf sind ein absolutes K.O.-Kriterium. Ein Monat nicht definierte Erwerbstätigkeitspause? Da läuft man ja Gefahr, einen Schlendrian einzustellen.

Trägt der Bewerber einen roten Pullover? Rot steht auf den ersten Blick für Wärme und Leidenschaft, aber die Farbe wirkt auch aggressiv und gilt als Warnsignal. Der Bewerber könnte zu Aggression neigen und stressanfällig sein. Oder gar ein Choleriker? Besser absagen.

Der Kandidat hat eine Vorliebe für große Uhren? Das wirkt zu protzig und wenig anpassungsfähig. Wer Stil hat trägt seine Uhrenkenntnisse bescheiden in Form eines sächsischen Fabrikats am Handgelenk, aber niemals als modische Uhr, die Krafttraining voraussetzt, um den Arm noch zur Begrüßung heben zu können.

Falls sich der Bewerber auch nur in einer Sekunde des Gesprächs an die Sitzkante seines Stuhls bewegt, steht fest, er ist unsicher. Was nur noch zu toppen ist durch ein Zurücklehnen mit verschränkten Armen. Deutlicher lässt sich Ablehnung wohl nicht signalisieren.

Wer als Interviewpartner übrigens regelmäßig seine Menschenkenntnisse aus TV-Serien wie Criminal Minds oder The Mentalist einbringt, ist weit vorne. Noch routinierter wirkt es, dem Bewerber mächtig Dampf zu machen, damit klar ist, wer am längeren Hebel sitzt.

Wenn Du alle Tipps beachtest und konsequent durchsetzt, dann ist eines klar: Die eierlegende Wollmilchsau zu finden ist eine Lebensaufgabe. Uns Personalern geht die Arbeit also nie aus.

*Ironie aus*

P.S.: Sobald Du die Suche aufgibst und Dich einfach auf die Mitarbeiterfinde konzentrieren möchtest, dann findest Du im Blog viele praktische Tipps dazu. Und in den nächsten Wochen folgt eine Artikelserie rund ums Thema Recruiting.

Hab Spaß,
Silke