Das ist das Ziel aller Bemühungen, um als Arbeitgeber bei potenziellen Mitarbeitern einen guten Eindruck zu machen – der Bewerber ist König. Oder auf Neudeutsch: die Candidate Experience optimieren. Es geht darum, an allen Kontaktpunkten mit dem Bewerber ein attraktives Arbeitgeberbild zu schaffen.

Dass allein Hochglanzprospekte und Marketingstrategien völlig nutzlos sind, wenn nicht bei allen Beteiligten die königliche Stellung der Bewerber verinnerlicht ist, hat uns Evelyn letzte Woche in dem Resümee ihres einjährigen Bewerbungsmarathons beschrieben.

Evelyns Text ist „Originalton“ und natürlich hätte ich aus Personalersicht auch Fragen und Hinweise an Evelyn. Mir geht es hier aber nicht um die Frage, was Evelyn besser machen könnte, sondern was wir als Personaler konstruktiv aus solchen Erfahrungsberichten mitnehmen. Mitnehmen müssen, wenn wir unsere Arbeit wirklich gut machen wollen. Es ist unerlässlich, dass wir die Erfahrungen der Bewerber ernst nehmen und bei uns im Unternehmen prüfen, wo wir noch besser werden dürfen. Vermutlich gibt es in jedem Unternehmen reichlich zu tun, denn Evelyns Erfahrungen sind leider nicht die Ausnahme.

Die Erfahrungswelt der Bewerber

Was gehört denn nun alles zu dieser „Kandidatenerfahrung“? Es geht um alle Erfahrungen, die ein potenzieller Mitarbeiter im Laufe des Bewerbungsprozesses sammelt. Das startet bei der ersten Kontaktaufnahme, sei es das Karriereportal auf der Unternehmenshomepage, Stellenanzeige oder Gespräch auf einer Jobmesse bis hin zum Unterzeichnen des Arbeitsvertrages. Also viele mögliche Kontaktpunkte.

Ich greife ein paar Aspekte auf, die Evelyn angesprochen hat.

Schluss mit der Sprachlosigkeit

Die Bewerber investieren Zeit für ihre Anschreiben und geben ihr Bestes, um einen guten Kontakt herzustellen. Ohne jegliche Rückmeldung aus den Unternehmen stellt sich nach einigen Tagen die Frage, was denn nun weiter passiert.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass bei mehreren offenen Stellen oft die Zeit fehlt, um eine schnelle und individuelle Kommunikation mit dem Bewerber aufzunehmen.

Viele Bewerbungen werden per Email geschickt. Da ist es ohne Weiteres möglich, eine automatisierte Nachricht zu versenden, die mindestens den Eingang der Bewerbung bestätigt. Möchtest Du Dich von der Masse abheben, dann fügst Du noch eine kurze Information hinzu, wie lange die Bearbeitung in Anspruch nehmen wird. Es macht natürlich einen guten Eindruck, wenn Du Dich im genannten Zeitraum auch wieder meldest.

Optimal ist es, wenn Du noch den Ansprechpartner für die offene Stelle nennst. Die Candidate Experience Studie 2014 gibt an, dass es für 80% der Kandidaten wichtig oder sehr wichtig ist, einen persönlichen Ansprechpartner für ihre Bewerbung zu haben.

Unternehmen, die eine Software einsetzen, um die eingehenden Bewerbungen zu bearbeiten, sind in der Bearbeitungsgeschwindigkeit im Vorteil. Und Vorsicht: sind die Bewerbungsplattform oder das –formular zu kompliziert, ist der Schnelligkeitsvorsprung schon aufgebraucht.

Zügig reagieren

Der Kandidat verbindet mit jeder Bewerbung die Hoffnung, endlich die passende Stelle zu finden. Jedes Warten und Hinhalten ist frustrierender, als eine klare Aussage zu der Bewerbung. Sobald Du feststellst, dass der Bewerber die geforderten Qualifikationen nicht mitbringt, antworte ihm doch direkt.

Es ist für den Bewerber hilfreich, wenn Du einen Hinweis auf den Absagegrund gibst. Ja, Vorsicht wegen des AAG und normalerweise geht immer ein Hinweis. Wenn für eine Stelle Spanisch-Kenntnisse gefordert wären und der Bewerber leider nur französisch spricht, schreib es ihm doch einfach noch einmal. Außerdem wirst Du Dich freuen, wenn dann auch von Bewerbern eine freundliche Rückmeldung kommt: „Schade, dass Sie sich gegen mich entschieden haben. Vielen Dank für Ihre kurze Begründung. Das hat mir sehr geholfen.“ Wer freut sich nicht über ein nettes Feedback?

Das Vorstellungsgespräch

Das Vorstellungsgespräch ist ein Schlüsselmoment für den Bewerber. Die beim persönlichen Kontakt gewonnenen Eindrücke sind gemäß Studie für über 85% der Bewerber bedeutende Entscheidungsgrundlagen, ob sie bei diesem Arbeitgeber arbeiten wollen.

Verhalte Dich wertschätzend im Gespräch. Sei vorbereitet, pünktlich und voller Neugierde für einen Menschen, den Du kennen lernen darfst. Schaffe eine entspannte Gesprächsatmosphäre, lache mit dem Bewerber (nicht über ihn) und führe das Gespräch auf Augenhöhe.

In meinem Verständnis geht es im Vorstellungsgespräch um ein erstes Kennenlernen, bei dem sich sowohl Unternehmen als auch Kandidat gegenseitig umwerben. Das formuliere ich auch in der Gesprächseinleitung eindeutig so: „Auch wir als Unternehmen haben das Verständnis, dass wir uns bei Ihnen als Arbeitgeber bewerben.“ Versuch das einfach im nächsten Vorstellungsgespräch. Das sorgt schon für viel Entspannung und ein Lächeln.

Weitere Anregungen für ein gelungenes Gespräch findest Du im Artikel „Was im Vorstellungsgespräch nie fehlen darf“.

Eine individuelle Absage

In Deutschland gibt es das AGG (Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz), das uns bei Absagen zum Schweigen bringt. Standardtexte mit Worthülsen und einem labberigen Dankeschön sind das Ergebnis.

Bewerber mit denen Du ein Vorstellungsgespräch geführt hast, sind natürlich besonders enttäuscht, wenn es mit der Einstellung nicht klappt. Sie wünschen sich eine Rückmeldung, was zur Absage geführt hat. Ich finde, sie haben mehr als ein Standardabsageschreiben verdient. Immerhin haben sie ihre Zeit investiert, sich mit Dir ausgetauscht und vielleicht sogar schon tolle Ideen fürs Unternehmen geliefert. Prämierte Absageschreiben zeigen, dass Du trotz der negativen Entscheidung Wertschätzung vermitteln kannst.

Noch persönlicher ist es, den Bewerber anzurufen und ihm am Telefon abzusagen. Höre ich leisen Widerspruch? Wenn Du jetzt denkst, dass Du nicht die Zeit hast, alle Bewerber, denen Du nach einem Vorstellungsgespräch absagen musst, anzurufen, dann führst Du zu viele Vorstellungsgespräche. Die Vorauswahl sollte so gut sein, dass Du maximal fünf oder sechs Gespräche pro Stellenausschreibung führst.

Und wie soll die telefonische Absage aussehen? So schwer ist das nicht. Wirklich. Du rufst an und bedankst Dich noch einmal für das nette Gespräch und teilst schlicht mit, dass Du Dich für einen Bewerber entschieden hast, der einfach noch näher an den geforderten Qualifikationen ist. Und wenn der Bewerber fragt, was er falsch gemacht hat? „Gute Frage. Aber es geht nicht darum, dass Sie etwas falsch gemacht haben. Sie werden einen Job finden, der optimal zu Ihnen passt – dieser war´s leider noch nicht, jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt.“

Am Besten bietest Du dem Bewerber noch an, sich mit Dir auf Xing oder Linkedin zu vernetzen. Der Kandidat war immerhin so gut, dass Du ihn als potenziellen Mitarbeiter eingeladen hast. Über die sozialen Netzwerke kannst Du mit den interessanten Kandidaten locker in Kontakt bleiben und auf diesem Weg sogar einen kleinen Talentpool aufbauen.

Vier einfache Maßnahmen, um Deinen Bewerbern eine positive Erfahrungswelt zu bieten

Die Candidate Experience Studie 2014 liefert ein schlechtes Gesamtzeugnis für die Unternehmen: Nur 17% der Befragten geben an, dass sie bemerkt haben, dass sich Unternehmen Mühe geben, ihre Bedürfnisse als Bewerber zu verstehen und zu respektieren.

Das ist Deine Chance, Dich mit vier einfachen und schnell umsetzbaren Maßnahmen von anderen abzugrenzen und Dich besser zu positionieren.

  1. Informationen für den Bewerber: Sende Eingangsbestätigungen, Zwischenbescheide und nenne die Ansprechpartner im Unternehmen.
  2. Nenne Bearbeitungszeiten und halte Dich an Deine Versprechen. Je zügiger Du in der Bearbeitung ist, umso positiver ist der Eindruck beim Bewerber.
  3. Nutze das Vorstellungsgespräch, um auch für Dein Unternehmen zu werden. Kommuniziere wertschätzend und auf Augenhöhe.
  4. Sei möglichst individuell im Kontakt mit den Bewerbern. Hinter jeder Bewerbung steht ein Mensch mit seiner persönlichen Geschichte.

Sei ansprechbar für Interessenten und Bewerber. Nimm Dir die Zeit für die Menschen.

Hier noch ein Literaturtipp [Werbung]:

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Zusammenfassung: Mach den Unterschied: sieh den Menschen hinter der Bewerbung

Wer über Fachkräftemangel klagt, darf nicht nachlässig sein und im Kontakt mit Bewerbern seine potenziellen Mitarbeiter vergraulen.

Wir erwarten eine hohe Professionalität von Bewerbern. Wenn Du diesen Anspruch hast, musst Du ihm auch selbst genügen.

Hinter jeder Bewerbung steckt ein Mensch mit seiner individuellen Geschichte. Begegne ihm mit Wertschätzung.

Was unternimmst Du gleich noch heute oder morgen, um die Kontaktpunkte mit Deinen Bewerbern zu verbessern?