Es scheint immer schwieriger, die richtigen Mitarbeiter zu finden, wenn ich dem Jammern und Klagen einiger Kollegen Glauben schenke. Da wird der Fachkräftemangel angeführt, Semesterferien oder auch mangelndes Budget für Personalmarketingmaßnahmen. Kein leichtes, das Personalerleben.
Mag ja stimmen – nur jammern hilft auch nicht. Und so manches Mal würde der Griff an die eigene Nase zu anderen Erkenntnissen führen.
Recruiting – die Mitarbeiterfinde – ist kein „Nebenjob“, der mal auf die Schnelle, weil es sein muss, mitgemacht wird. Hier die häufigsten Fehler im Recruiting, die ich wahrnehme:
Du suchst statt zu finden
Vielleicht ist es Dir ja schon einmal aufgefallen, dass es leichter ist, Ziele zu erreichen, wenn Du ein klares Bild davon hast, wie der Zielzustand aussieht. Ich liebe das Zitat von Mark Twain:
„Nachdem wir das Ziel endgültig aus den Augen verloren hatten, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.“
Na ja, immerhin gab es da ein Ziel. Ganz ohne Ziel unterwegs zu sein ist ein Herumirren.
Wenn Du gedanklich im Mitarbeiter-suchen-Prozess steckst, dann wird es womöglich eine Weile länger dauern, bis Du einfach den richtigen Mitarbeiter gefunden hast.
Du suchst so nebenbei
In vielen mittelständischen Unternehmen sind die Personaler Allrounder, die sich von Arbeitszeitregelungen über Jubiläumsbriefe bis hin zu Zusatzvereinbarungen um alles kümmern. Die Mitarbeiterfinde wird „so mitgemacht“ und ist oft eine ungeliebte Aufgabe, weil es so viele Kollegen gibt, die mit-entscheiden aber nicht mit-arbeiten wollen.
Ich sag´s deutlich: Recruiting ist kein Nebenjob! Das heißt nicht, dass ein Allrounder nicht rekrutieren soll, sondern es heißt vielmehr, dass erfolgreiche Maßnahmen Zeit benötigen und nicht zwischen Tür und Angel erledigt werden können.
Plan also ausreichend Zeit ein, um Dich mit den offenen Stellen und potenziellen Mitarbeitern zu beschäftigen.
Du hast keine Ahnung, worum es bei der Stelle geht
Diese Ahnungslosigkeit ist oft ein Resultat des „Nebenjobs Recruiting“. In der Praxis meldet sich ein Teamleiter und teilt mit, dass er höchst dringend einen neuen Mitarbeiter benötigt. Stellenprofil? Fehlanzeige. „Wir haben da in der Vergangenheit doch schonmal ´ne Anzeige gehabt. Such die mal raus. Das wird schon passen.“
Wer das so überlocker mitmacht, ein uraltes Inserat herauskramt und veröffentlicht, hat schon einen großen Schritt zum Misserfolg gemacht.
Recruiting ist Teamwork und wer nicht genau verstanden hat, worum es bei der Stelle geht und worauf es ankommt, der kann einfach nicht die richtigen Kandidaten finden. Du suchst dann „jemanden“ statt den richtigen Mitarbeiter zu finden.
Du suchst die eierlegende Wollmilchsau
Die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau ist auch das Ergebnis schlechter Klärung des Stellenprofils.
Wie gut kennst Du Deine Zielgruppe? Arbeitest Du schon mit Kandidaten-Persona? Neben den fachlichen Anforderungen, die eindeutig sein sollten, gibt es auch die Frage, welchen Typen Du suchst. Falls es zum Beispiel jemand sein soll, der gerne im Team arbeitet, dann darfst Du ihn nicht an den Heimarbeitsplatz verbannen. Oder falls Du eine kreative Person finden möchtest, die immer wieder neue Wege geht und zahlreiche Optionen liebt, dann erwarte nicht die strukturierte Arbeitsweise eines Buchhalters.
Deine Stellenanzeige ist leeres Geschwätz
Marktführer, innovativ und expandierend sucht Verstärkung. Kommunikativ, teamfähig, flexibel und belastbar soll der Bewerber sein. Eben so, wie in jedem Unternehmen.
Vergleichst Du kritisch die Stellenanzeigen verschiedener Firmen aus verschiedenen Regionen, wird Dir auffallen, dass alle den gleichen Menschen suchen. Und bei den Anzeigen, die leicht austauschbar sind, wo soll sich der Bewerber da nur melden?
Schreib konkret und „waschecht“, worum es bei der Stelle geht. Klartext ist nicht schwer – und damit hebst Du Dich vom Einheitsbrei der Worthülsen ab.
Noch mehr Information zu guten Stellenanzeigen erhältst Du in meinem kostenlosen Kompaktkurs „Wie Du mit Deiner Stellenanzeige die idealen Bewerber findest. In 6 Schritten zur effektiven Stellenanzeige.“ (Anmerkung: Der kostenlose Kurs ist nicht mehr verfügbar.)
Deine Karrierewebsite ist ein Mysterium
„Ihre Zielgruppe bewirbt sich. Warum nicht bei Ihnen?“ fragt Henner Knabenreich, der in seinem Blog viele Informationen zum Thema Karrierewebsite liefert.
Warum nicht? Weil die Seite in vielen Fällen schlichtweg nicht zu finden ist. Versteckt in Unterseiten der Homepage kann sie nur der Besucher finden, der geschickt kombiniert, dass Unternehmen > Philosophie > Menschen letztlich zur Seite „Karriere“ oder „Jobs“ oder „Aktuelle Stellenangebote“ führt.
Die Auffindbarkeit der Karrierewebsite ist also sicherzustellen. Je weniger Klicks, umso schneller kann sich der Interessent informieren und hoffentlich bewerben.
Du siehst die Stellenanzeige noch als den Königsweg
Die Stellenanzeige ist bestimmt noch immer ein wichtiges Instrument, um am Arbeitsmarkt aufzutreten und zu signalisieren, dass es ein Angebot für einen potenziellen Mitarbeiter gibt. Doch das lange Zeit praktizierte „Veröffentlichen und beten“ funktioniert schon eine ganze Weile nicht mehr gut. Zumindest nicht, wenn es der einzige Weg bleibt, die aktuellen Stellenanzeigen zu präsentieren.
„Stellenanzeige“ darf größer gedacht werden. Und ich meine, noch viel größer als das Print-Inserat als PDF ins Internet zu stellen. Da geht noch so viel mehr. Die wichtigste Frage: wo erreichst Du Deinen optimalen Kandidaten? Das setzt wiederum voraus, dass Du Dich mit Deiner Zielgruppe beschäftigst.
Sei frechmutig und gehe doch mal neue Wege.
Deine Vorstellungsgespräche sind langweilige Fragestunden
Für den Bewerber ist der große Moment gekommen, er ist zum Gespräch eingeladen und darf endlich mit Dir sprechen. Ist die Freude auch ganz Deinerseits?
Nicht selten erlebe ich, dass im letzten Moment vor dem Gespräch noch der Lebenslauf ausgedruckt wird und dann die Suche nach einem freien Raum startet. Bei so wenig Vorbereitung auf Unternehmensseite entwickelt sich oft kein Dialog, sondern es driftet ab in eine inquisitorische Befragung, in der alle 57 Fragen des Interviewleitfadens abgefragt werden. Danach folgt eine ewige Belehrung des Bewerbers, wie toll das Unternehmen sei und worum es bei der Stelle geht. Fertig. „Echt gesprochen“ wurde kaum.
Da entsteht mit Sicherheit keine Wohlfühlatmosphäre und bestimmt auch kein sympathisches Arbeitgeberbild.
Mit Vorbereitung und Wertschätzung geht das Gespräch bestimmt leichter von der Hand – und wird zum Dialog.
Du glaubst, dass Menschen sich ändern
Die eierlegende Wollmilchsau ist mal wieder nicht in Sicht. Die Führungskräfte drängeln, dass sie Mitarbeiter-Nachschub brauchen und Du hast nur Kompromiss-Kandidaten, die im Grunde nicht in Frage kommen.
Vielleicht nicht so tragisch; der Bewerber lernt das Unternehmen bestimmt noch lieben. Er mag zwar gerne feste Strukturen und ein geordnetes Arbeitsumfeld, aber wenn er erst einmal im Unternehmen ist, lernt er bestimmt das kreative Miteinander und die variablen Work-Zones lieben.
Und so redest Du Dir, den Kollegen und dem Kandidaten ein, dass er genau der Richtige ist und hoffst, dass der Bewerber sich ändert und anpasst.
Mit dem Selbstbetrug verursachst Du mehr Kosten und Aufwand als es einen Nutzen hat. Menschen verändern sich nicht (sehr schnell) – und mit einem frustrierten Mitarbeiter, der an der falschen Stelle eingesetzt ist, hast Du nichts gewonnen.
Bitte keine faulen Kompromisse bei der Entscheidung, wer der richtige Kandidat ist.
Du hast keine Erfolgskontrolle
Erfolgskontrolle? Das ist was für Controller. Oder? Reicht es nicht aus, zu wissen, dass irgendwann alle offenen Stellen besetzt sind?
Das reicht wahrscheinlich. Zumindest, wenn alles bleiben soll wie es ist. Wenn Du allerdings erfolgreich die richtigen Mitarbeiter finden möchtest, dann kennst Du Deine Erfolge und Misserfolge sehr genau.
Mit welchen Kennzahlen arbeitest Du? Und was machst Du daraus?
Du liebst Deine Komfortzone
Ich weiß, dass Personaler so viele Themen auf ihrer Agenda haben. Dass sie hin- und hergerissen sind, zwischen ihren Rollen. Dass es manchmal so gar nicht leicht erscheint. Dass es oft auch unmöglich ist, neue Wege zu gehen.
Ertappt! Wer sich und seine Arbeit verbessern möchte, findet Wege. Wer lieber in seiner Komfortzone chillt, findet Ausreden.
Egal in welchem Bereich Du etwas verändern und verbessern möchtest, starte einfach. Es braucht nicht immer erst ein gigantisches Konzept, das in einem Mehr-Jahresprojekt mündet. In vielen Fällen sind es schon Kleinigkeiten, die Du ohne Budget und Spezialkenntnisse in die Praxis umsetzen kannst.
Womit startest Du?