Es ist immer gut, mal den eigenen Standpunkt zu verlassen und eine andere Perspektive einzunehmen. Vor kurzem hat mich eine Gesprächssituation genau daran erinnert. In einem Gespräch mit einem Mitarbeiter wollte ich nett plaudern; allerdings war mein Gesprächspartner nicht gewillt, mit mir zu sprechen. So massiven Widerstand habe ich zum ersten Mal erlebt und sehr mühsam herausgefunden, dass dieses Verhalten aus einer – ich nenne es mal – „interessanten Wahrnehmung“ resultiert: Trau keinem Personaler – er ist ein Wolf im Schafspelz. Der Teufel in Personalergestalt.

Der Ruf von Personalern ist nicht überall positiv. Zweifelhafte Rollen werden dem Teufel in Personalergestalt zugeschrieben:

Überbringer schlechter Nachrichten

Personaler schreiben Absagen an Bewerber, Abmahnungen und Kündigungen. Sie führen Mitarbeitergespräche, wenn etwas nicht passt. Diese schlechten Nachrichten muss ja jemand überbringen und tada: schon tanzen die Hexen der HR-Szene am Blocksberg.

Bezahlter Spion

Personaler forschen vor Bewerbungsgesprächen in den sozialen Medien, wie sich die Kandidaten dort präsentieren. Jedes Detail der Partyfotos wird x-fach vergrößert: Raucht der Kandidat? Hat er immer wechselnde Frauen im Arm? Postet er jedes Wochenende Bilder seines komatösen Zustands? Daraus ergibt sich schnell ein Bild vom lasterhaften Leben der Bewerber: Sex, Drugs & Rock´n´Roll.

Falscher Freund

Personaler sind immer freundlich. Zu jedem. So erschleichen sie sich Vertrauen und Informationen. Die werden dann später gegen den Plauderer und seine Freunde eingesetzt.

Lückensucher

Das Leben ist Veränderung – außer das der Personaler, die in ihrer Verwalter- und Bewahrerroutine noch immer nach Gleichgesinnten suchen. Und so wird jeder Lebenslauf eines Bewerbers als erstes nach unkommentierten Lücken durchforstet. Denn eines ist klar: die Lücke ist heißer Zündstoff, der im Vorstellungsgespräch diskutiert wird.

Leidenschaftlicher Inquisitor

Jeder, der in einem Vorstellungsgespräch schon einmal richtig in die Mangel genommen wurde, weiß, was gemeint ist. Kreuzverhöre in Agentenfilmen sind dagegen harmlos.

Klatschzentrale

Personaler sind immer über alles informiert. Wer schwanger ist, wer in Scheidung lebt oder gestorben ist. Bei wem die Finanzen nicht passen und wer verschuldet ist. Wer auf der Weihnachtsfeier mit wem wohin gegangen ist und welche Konsequenzen daraus entstanden sind. Wer vom Klatsch im Dorf nicht genug hat, der geht einfach mal auf eine Tasse Kaffee zu „Tante Käthe“ in die Personalabteilung.

Gedankenleser

Personaler sind rund um die Uhr mit Analysen, Assessments und Coaching beschäftigt. Sie brauchen Dich nur anzuschauen und wissen schon, was mit Dir los ist und was Du denkst. Also am Besten jeden Kontakt vermeiden, um zu verhindern, dass die Frustgedanken, am nächsten Morgen nicht wiederzukommen und einfach mal blau zu machen, auffliegen.

Doppelagent

Personaler sind für zwei Seiten tätig: die Mitarbeiter (angeblich als deren Anwalt) und den Chef. Je nachdem wie die Stimmung auf welcher Seite gerade ist, werden Informationen gezielt geformt und nutzbringend weiter getragen. Dabei ist der Fokus klar: eine gute Positionierung des Personalers.

Marionette der Geschäftsleitung

Genau betrachtet, haben die meisten Personaler nichts zu sagen, abgesehen vom Wiedergekäu der Geschäftsleitungsmemos. Sagt der Chef „renn“, dann laufen die Personaler los. Sie haben ja nichts zu entscheiden, sondern sind nur Dienstleister. Und wenn rennen oder springen gefordert ist, dann machen sie es.

Style-Profi

Es gibt ein richtiges Outfit für das Vorstellungsgespräch. Lässt sich nachlesen. Und über richtig oder falsch entscheiden selbstverständlich die Personaler. Sauber und gebügelt ist die Basis der korrekten Kleidung. Nicht zu auffällig soll es sein und gepflegt. Als richtig und angemessen gekleidet gilt, wer auf Parfum verzichtet und Tattoos oder Piercings versteckt. Zu Mundspray und frischer Rasur wird geraten. Perfekt ist „Business-Kleidung“, was glücklicherweise je nach Branche Entscheidungsspielraum lässt.

Meister der Unverbindlichkeit

„Das verstehe ich gut. Wir werden die Möglichkeiten prüfen.“ Oder „Wir werden angemessene Schritte unternehmen.“ Oder „Das kann ich nicht auf der Stelle entscheiden. Wir melden uns wieder.“ Und was passiert dann? In den meisten Fällen nichts. Die Situation bleibt unverändert. Aber wenigstens hat man mal darüber gesprochen.

Individualitätskiller, Hobby-Psychologen, Pantomime-Meister – die Liste der Negativ-Rollen und -Klischees ist lang. Bestimmt gibt es auch Personaler, die diese Rollen meisterlich erfüllen. Mir ist diese negative Momentaufnahme fast egal. Manchmal gibt es einfach Situationen, in denen die Aufgaben nicht zu Beliebtheit führen. Ich habe meinen Beruf nicht gewählt, um als Wohltäter bekannt zu werden oder als Liebling der Nation auf der Titelseite der Bildzeitung oder der Krone zu landen.

Personaler haben viele großartige Aufgaben und tragen im Unternehmen dazu bei, dass die Menschen gerne dort arbeiten und ich liebe es, Menschen in ihren Stärken zu unterstützen. Und Du weißt es auch: Personaler sind liebenswert.

Danke an alle Personaler, die trotz der Unkenrufe ihren Beruf lieben und gerne machen.

Hab viel Spaß!
Silke

Blogmomentum2016Dieser Artikel ist im Rahmen des BlogMomentum 2016 von Markus Cerenak entstanden.