Über meine Motivation zu diesem Blog hast Du womöglich gelesen. Gerne greife ich die Frage nach dem „Warum“ noch einmal auf, inspiriert durch die Blogparade von Gordon Schönwälder.

Ein kurzer Rückblick: Es ist schon einige Jahre her. Ich war in einem Unternehmen für die Personalauswahl und -entwicklung zuständig und meine tägliche Herausforderung war es, den idealen Kandidaten für eine Stelle, den Superstar der Mitarbeiter, die eierlegende Wollmilchsau, also einfach den richtigen Mitarbeiter zu finden.

Hire character, train skills (Peter W. Schutz)

Meistens sind die Personaler ja die „Guten“ im Unternehmen. Sie haben angeblich Verständnis für alles und jeden und sind bemüht, allen eine angenehme Arbeitssituation zu schaffen. Ein tolles Arbeitsklima und Spaß an der Arbeit für jeden, das war auch mein Ziel. Und trotz allem hatte ich auch den Ruf einer kleinen Hexe, denn ich verfolgte bei der Personalauswahl konsequent den Grundsatz „Persönlichkeit steht vor Fachkenntnis“. Das führte regelmäßig zu Diskussionen mit Abteilungsleitern, die dringend eine Lösung für den personellen Engpass in ihrer Abteilung benötigten. Diese Lösung schien immer der fachlich fitteste Bewerber zu sein. Sobald ich dann einen solchen Kandidaten ablehnte, weil seine Motivations- und Verhaltensmuster nicht der Position entsprachen, war die Diskussion groß.

An einen solchen Tag erinnere ich mich sehr gut. Es war im Frühjahr, es war noch sehr frisch draußen, als ich in der Frühe zur Arbeit radelte, die ersten Sonnenstrahlen fielen durch die Bäume, und ich freute mich auf mein Morgenritual: den ersten Kaffee mit einem Kollegen. In der Firma angekommen, fing mich ein Bereichsleiter schon vor meiner Bürotür ab, eine Bewerbung in der Hand. „Mit dem brauchen wir heute gar nicht erst sprechen“, schimpfte er, als er mir die Bewerbung auf den Tisch warf. „Zu jung, ihm fehlen die Fachkenntnisse für unseren Entwicklungsbereich. Zeitverschwendung. Ich möchte einen Profi, der uns nach vorne bringt.“

Wir führten das Vorstellungsgespräch mit dem jungen Mann trotzdem. Daniel war im Gespräch sehr nervös und die fachlichen Fragen des Bereichsleiters konnte er nicht immer beantworten. Ich unterhielt mich mit Daniel über sein Hobby: Modellflugzeuge. Daniel schwärmte mit wachsender Begeisterung von seinen Fliegern. Davon, dass er einen eigenen entworfen hatte, wie das Design nicht funktionierte und er für einen Wettbewerb dann am Flieger bastelte und schraubte, bis alles lief. Da wurde auch der Bereichsleiter hellhörig. Er schilderte ein paar Aufgaben der Entwicklungsabteilung, erklärte Herausforderungen aus Kundensicht und bat Daniel um Vorschläge. Die waren fachlich nicht immer richtig und das Erstaunliche war, dass Daniel praktische Lösungen sah und Verknüpfungen mit völlig anderen Bereichen herstellen konnte, die zunächst außerhalb des Lösungsfensters schienen. Ein echter Querdenker. Der Abteilungsleiter hatte Recht: dem Bewerber fehlten die Fachkenntnisse. Wir ließen Daniel zwei Tage zur Probe bei uns arbeiten – und wen wundert es: er bekam ein exzellentes Feedback der Abteilung und wurde eingestellt.

Verlasse Deine Komfortzone, mach kleine Schritte statt keine

„Ja, solche Einzelfälle gibt es, ein Glückstreffer, aber so einfach ist es nicht“, höre ich meine Kunden manchmal seufzen. Ich erlebe es in meinem Beratungsalltag immer wieder, dass ein Bewusstsein für notwendige Verbesserungen zwar vorhanden ist, doch die Verantwortlichen scheinen wie gelähmt. Sie verwalten lieber statt zu gestalten. Die Komfortzone ist schon ein gemütlicher Raum, nur eines gibt es dort nicht: Wachstum. In meiner Erfahrung ist es dabei wirklich kein Hexenwerk, bessere Ergebnisse zu erzielen. Oft reichen schon ein paar kleine Änderungen, um schneller und einfach die richtigen Mitarbeiter zu finden:

  • Verschaffe Dir für jede Stelle Klarheit, was „richtig“ bedeutet. Dabei geht es um die Fachkenntnisse des Mitarbeiters und an erster Stelle vor allem darum, welche persönlichen Stärken er mitbringt.
  • Verlasse die gewohnten Wege der Bewerberansprache. Entwickle neue Ideen und Möglichkeiten, wo Du die potenziellen neuen Mitarbeiter findest. Versuch´s doch mal mit Frechmut.
  • Sei im Kontakt mit den Bewerbern zielgruppenorientiert. Was spricht Deinen optimalen Mitarbeiter an? Wie spricht es ihn an? Und behalte bei Deinen Aktionen im Hinterkopf, dass auch das Unternehmen sich bewirbt, nämlich bei Deinem richtigen Mitarbeiter.
  • Stelle in Deinen Vorstellungsgesprächen gute Fragen, mit denen der Bewerber nicht rechnet. Höre aufmerksam zu und beobachte. Mit etwas Übung wirst Du schnell Sprach- und Verhaltensmuster erkennen können. Zu diesem Thema werde ich übrigens in den nächsten Wochen regelmäßig bloggen.
  • Sorg für eine gute Einarbeitung des Mitarbeiters und dafür, dass er seine Stärken und sein Potenzial an seiner Arbeitsstelle entfalten kann.

Einige Leser werden jetzt abwinken: „Wenn es so nur einfach wäre, wie soll ich mich denn auch noch darum kümmern, das ist ein alter Hut, das geht eh nicht.“ Ja. Wenn Du es glaubst, dann ist es für Dich richtig und Du wirst an dieser Stelle keine Inspirationen finden, die Dich in Deinem Arbeitsalltag noch erfolgreicher werden lassen.

Für wen schreibe ich?

Mit meinem Blog spreche ich die Personaler an,

  • die daran glauben, dass mit den richtigen Personalentscheidungen jeder einzelne viel Spaß an seiner Arbeit haben wird.
  • die keine Lust mehr auf ineffizientes und erfolgloses Suchen von Mitarbeitern haben, sondern einfach die richtigen Leute finden möchten.
  • die überzeugt sind, dass es auch für ihr Unternehmen irgendwo die richtigen Mitarbeiter gibt und sie nur gerade keine zündende Idee haben, wie sie diese Menschen finden können.
  • die in Ihrem Unternehmen wirklich etwas bewegen möchten und bereit sind für Veränderungen, um allen mehr Spaß an ihrer Arbeit zu ermöglichen.

Mein „Warum“

In der vorletzten Dezemberwoche habe ich auf dem Weihnachtsmarkt Daniel wieder gesehen. „Silke, ich erinnere mich noch so gut an das Gespräch mit Dir. Ich war erst so aufgeregt. Und dann haben wir uns so nett unterhalten, ganz locker – obwohl Du mir Fragen gestellt hast, die mich noch niemand gefragt hat.“ Ich gebe zu, dass ich mich nicht an die Details des Gesprächs erinnere. Aber die Stelle, an der die Augen des Bewerbers leuchten und er strahlend von seiner Leidenschaft erzählt, dieser Moment bleibt. Das ist mein „Warum“.

Meine Aufgabe sehe ich darin, den Personalverantwortlichen verschiedene Werkzeuge zu bieten, aus denen sie das für sich passende auswählen, um auch ihren Beitrag für ein erfülltes Arbeitsleben zu schaffen und einfach die richtigen Mitarbeiter zu finden.

Ach ja: Und Daniel ist mittlerweile Entwicklungsleiter in dem Unternehmen, ein echter Daniel Düsentrieb.

Zusammenfassung: Kleine und wirksame Schritte für eine glückliche Arbeitswelt

“Nehmen Sie die Menschen, wie sie sind, andere gibt es nicht.”
(Konrad Adenauer)

Erkenne die Einzigartigkeit in jedem Menschen. Mach den Menschen das größte Kompliment, das es gibt: akzeptiere sie so wie sie sind. Genau dann findest Du mit guter Vorbereitung ganz einfach die richtigen Mitarbeiter und Du wirst sehen, wie positiv sich Dein Arbeitsumfeld entwickelt.

Was motiviert und inspiriert Dich in Deinem Beruf? Was ist Dein „Warum“?