Schon fast ein halbes Jahr dauerte die Suche nach einem Mitarbeiter für ein spezielles Kundenprojekt. Kein Wunder, wenn Du jemanden finden möchtest, der Programmierkenntnisse hat, sich mit Kunststoffverarbeitung gut auskennt und Experte in Automatisierung ist. Ganz nebenbei sollte der Kandidat auch noch revolutionäre Ideen mitbringen, ins Team passen und kaum Geld verdienen wollen. Das Übliche also: die eierlegende Wollmilchsau finden. Normalerweise bin ich ja immer recht gelassen, aber ganz ehrlich: dieser Fall hat mir bestimmt eine zusätzliche Grübelfalte auf der Stirn beschert.

Es schien alles keinen Sinn zu haben. DEN optimalen Kandidaten schien es nicht zu geben. Als ich endlich den Projektleiter überzeugt hatte, die Anforderungen auf zwei Kandidaten zu verteilen, erhörte die himmlische Personalzentrale plötzlich meine Stoßgebete. Eines Morgens hielt ich ungläubig die Bewerbung meiner eierlegenden Wollmilchsau in den Händen. Der Kandidat erfüllte alle fachlichen Anforderungen, die wir hatten und war darüber hinaus schon in ähnlichen Entwicklungsprojekten tätig gewesen. Zu schön, um wahr zu sein – und tatsächlich gab es, zumindest aus Sicht des Projektleiters, einen großen Haken. Der Bewerber hatte einen, ich nenne es mal „bunten“ Lebenslauf. Bunt insofern, als dass er alle zwei bis drei Jahre die Firma gewechselt hatte, in anderen Branchen tätig war und es gab sogar zwei Lücken von jeweils sechs Monaten in seinem Lebenslauf. „Der würde so gut passen, aber schau Dir das mal an. Mit dem stimmt doch was nicht. Der hat´s nirgendwo lange ausgehalten.“ lautete das erste Urteil des Projektleiters.

Im Artikel „Kann man die Loyalität eines Bewerbers feststellen?“ hatte ich ein ähnliches Dilemma schon kurz angesprochen. Was heißt es denn nun für uns im Personalauswahlprozess, wenn der optimale Kandidat schon viele Stellenwechsel hatte?

Metaprogramm „Gleichheit – Unterschied“

Menschen haben eine unterschiedlich tickende innere Uhr für Veränderungen. Manche fühlen sich in stabilen Situationen wohl und sind durch Kontinuität motiviert, andere brauchen häufig Veränderungen und lieben Revolutionen. Diese Frage, wie jemand mit Veränderungen umgeht und wie er durch Veränderungen motiviert wird, ist Fokus des Metaprogramms „Gleichheit – Unterschiede“. Auch hier gilt wie bei allen Metaprogrammen, es gibt keine Wertung, kein gut oder schlecht. Wichtig ist zu wissen, in welchen Situationen die gegensätzlichen Paare des Wahrnehmungsfilters zielführend oder eher hinderlich sind.

Metaprogramm-Ausprägung „Gleichheit“

Personen, die durch Gleichheit motiviert werden, wünschen sich stabile Situationen und Kontinuität. Diese Menschen werden in ihrer Umgebung eher Dinge wahrnehmen, die sie sich ähneln, die sie von früher kennen und die ihnen vertraut sind. Wenn Du etwas erzählst, antworten sie oft „Ja genau, das war bei mir genauso!“

Das Leben der gleich orientierten Menschen verläuft sehr stetig und leicht kalkulierbar. Sie arbeiten seit Jahren in der gleichen Firma, in der gleichen Abteilung, im gleichen Büro. Sie sitzen bei Besprechungen oder in der Kantine immer am gleichen Platz. Ihren Urlaub verbringen sie seit Jahren immer am gleichen Ort, im gleichen Hotel und freuen sich, im Urlaub ihre Lieblingsrestaurants zu besuchen, wo sie immer essen gehen.

Same procedure as last year? Same procedure as every year. – Aus: Dinner for one.

Es ist zwar noch lange nicht Silvester, und jeder wird wohl Miss Sophie und ihren Butler James aus dem Silvestersketch kennen. Jedes Jahr das gleiche. Jedes Jahr der Sketch im Fernsehen. Und jedes Jahr schauen immer wieder dieselben Menschen Miss Sophie und James zu.

Fragst Du Gleichheit-Sortierer, warum sie nicht einfach mal etwas anders machen wollen, dann reagieren sie mit Unverständnis, weil für sie alles gut ist. „Es ist doch eh überall gleich. Und da kenne ich mich doch schon aus.“

Die Menschen mit dem Gleichheitsfilter mögen keine Veränderungen und weigern sich manchmal, sich einem veränderten Umfeld anzupassen. Aus eigenem Antrieb würden sie nur alle 15 bis 25 Jahre eine Veränderung initiieren.

Wenn Geplantes umgestoßen oder geändert wird, reagieren die Gleichheitssortierer oft nervös, manchmal auch aggressiv.

Metaprogramm-Ausprägung „Unterschied“

Für Menschen mit dem Metaprogramm „Unterschied“ ist Abwechslung Trumpf, während sie jede Art von Kontinuität als Langeweile abtun. Sie blühen bei Veränderungen auf und sind stets auf der Suche nach Evolution und Revolution. Sie widersetzen sich statischen Situationen.

Unterschied-Sortierer wechseln alle zwei bis drei Jahre die Arbeitsstelle, die Firma, die Branche. Ihren Urlaub verbringen sie an immer verschiedenen Orten, zu verschiedenen Jahreszeiten, gerne auch mit anderen Begleitern. Sie haben immer wieder andere Haarfarben und Frisuren, ziehen oft um oder gestalten zumindest ihre Wohnung regelmäßig neu.

Veränderung ist eine Konstante im Leben.

Arbeitet ein Unterschied-Sortierer in einem Umfeld, das keine tiefgreifenden Veränderungen zulässt, wird er eine neue Arbeitsstelle suchen.

Sie haben da eine Lücke im Lebenslauf. – Ja, war geil!

Metaprogramm-Ausprägung „Gleichheit mit Ausnahmen“

Wie bei jedem Metprogramm ist der „Regler“ auch hier bei jedem Menschen unterschiedlich eingestellt. Nach Untersuchungen von Rodger Bailey haben nur 5% der Menschen im Arbeitskontext das Muster „Gleichheit“, 20% das Muster „Unterschied“ und die Mehrheit, nämlich 65% hat das Muster „Gleichheit mit Ausnahmen“.

Personen, die durch Gleichheit mit Ausnahmen motiviert sind, mögen es, wenn ein Kontext im Wesentlichen gleich bleibt, akzeptieren aber regelmäßig Veränderungen, wenn diese nicht zu drastisch sind. Sie gehen leichter mit Veränderungen um, wenn sie schrittweise erfolgen.

Bei meinem Lebenslauf kann man auf dieses Muster schließen: In 24 Jahren Berufspraxis habe ich neun verschiedene Stellen in fünf verschiedenen Unternehmen gehabt. Ich habe also alle 2,6 Jahre in einer neuen Position gearbeitet und alle 4,8 Jahre meinen Arbeitgeber gewechselt.

Seit dem Beginn meiner Berufstätigkeit bin ich sechs Mal umgezogen, also jedes vierte Jahr. Davon war ein Großteil der Umzüge in einem Umkreis von 30 km, bevor ich dann den großen Schritt ins Ländle gemacht habe.

Das Metaprogramm „Gleichheit – Unterschied“ erkennen

Der Lebenslauf eines Bewerbers gibt Dir schon Hinweise auf die Ausprägung des Metaprogramms. Wie häufig hat der Bewerber die Arbeitsstelle oder Branche gewechselt? Ist er deswegen umgezogen? Wie oft?

Wahrscheinlich wirst Du ein paar Fragen zu den letzten Stellen des Bewerbers haben. Frag ihn doch einfach mal, welche Beziehung zwischen seiner aktuellen und der letzten Stelle besteht. Bitte frage nicht nach dem Unterschied zwischen den Stellen oder nach den Gemeinsamkeiten, denn damit gibst Du schon eine Richtung vor.

Der Gleichheit-Sortierer könnte antworten: „Es ist genau das Gleiche. Ich arbeite immer noch an Controllingplänen.“

Sie werden häufig sagen: Das ist genau wie damals. Wir haben viele Gemeinsamkeiten. … gleich, genau wie, beibehalten, wie immer, genauso

Gleich mit Ausnahme: „Es ist das Gleiche, aber ich habe mehr Verantwortung und bekomme die Überstunden nicht mehr bezahlt.“

Du wirst hören, dass sie von „besser, fortsetzen, mehr – weniger, Steigerung“ sprechen.

Unterschied-Sortierer: „Es ist etwas komplett anderes. Ich bin jetzt im Außendienst.“

Sie werden Worte nutzen wie „neu, anders, einmalig, umstellen, kaum wieder zu erkennen.“ Es hat sich total verändert. Ich habe eine neue Version gefunden. Das ist eine vollständige Neuentwicklung.

Meine eierlegende Wollmilchsau

war in der Tat ein Traumkandidat. Wie gesagt, er brachte fachlich alles mit und ich konnte den Projektleiter überzeugen, dass die vielen Stellenwechsel kein Manko waren, sondern für unser Projekt, das ja nun revolutionäre Ideen erforderte, genau richtig. Wir stellten den Bewerber zunächst für das Projekt befristet für zwei Jahre ein. Es wurde ein sehr erfolgreiches Projekt. Natürlich wollten wir unsere eierlegende Wollmilchsau gerne noch länger im Unternehmen halten und machten einen unbefristeten Vertrag. Nach einem halben Jahr gab´s dann die Kündigung – wie ich es leider erwartet hatte. 😉

Zusammenfassung: Welcher Typ bist Du?

Hast Du Dich schon im Artikel erkannt? Schau Dir doch noch einmal das Bild zum Artikel an. Was siehst Du?

  • Viele Streichhölzer? Sehen alle gleich aus? – Gleichheit.
  • Viele gleiche Streichhölzer, von denen eines quer liegt? – Gleichheit mit Ausnahme.
  • Viele Streichhölzer, alle unterschiedlich lang und verschieden positioniert? – Unterschied.

Ich wünsche Dir eine gute Zeit, hab Spaß!
Silke

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