Was für ein sommerlicher Sommer, großartig! Die Ferienzeit und die Urlaubssaison haben begonnen. Das erkenne ich nicht nur an den vielen ausländischen Autos, die durch mein kleines Dörfchen fahren oder an den Autoschlangen, die sich am Bodensee entlang quälen, sondern vor allem auch an der Stimmung in den Unternehmen.

Manche Mitarbeiter wünschen sich hitzefrei und schaffen es trotzdem nicht, pünktlich Feierabend zu machen, um ins Schwimmbad zufahren. Denn: Urlaubszeit ist Mehrarbeitszeit. So habe ich es gerade letzte Woche wieder erlebt.

Eine Szene aus dem HR-Büro, die wahrhaftiges „Szenenpotenzial“ hatte: Ulrike hatte ihren letzten Arbeitstag vor dem wohlverdienten Urlaub. Zwei Wochen lang hatte sie nachgearbeitet, was liegen geblieben war und vorgearbeitet, um ihren Kolleginnen Sonja und Elisabeth zusätzliche Arbeit zu ersparen. Jeden Abend war Ulrike schwitzend im Büro geblieben, um die letzten Berichte für den Bereichsleiter fertigzustellen. Aller Einsatz reichte am Ende nicht. Ulrike bat also zerknirscht ihre Kolleginnen, diesen Bericht für sie noch abzuschließen.

Elisabeth, obwohl sie selbst wegen der vielen Arbeit schon im Büro wohnen könnte: „Logisch Ulli, das machen wir. Ist doch klar! Wir übernehmen das für Dich. Und erhol Dich bloß gut im Urlaub. Genieß die freie Zeit. Denk nicht an uns, wir schaffen das.“

Kaum hat Ulrike das Büro verlassen, wettert Sonja: „Das soll sie doch mit anderen machen! Ich mache deswegen keine einzige Überstunde. Das lasse ich mir nicht gefallen.“

Was hier kontrastreich wie Egoistin versus Mutter Teresa erscheint, ist im Kern das Metaprogramm „selbst – andere“.

Metaprogramm „selbst – andere“

Dabei geht es um die Frage, wo die Aufmerksamkeitsrichtung der Menschen liegt. Worum geht es Dir? Um Dich – um andere?

Dieses Metaprogramm unterscheidet in den zwei Außenpositionen des Metaprogramm-Reglers,

  • ob jemand mit seiner Aufmerksamkeit nur bei sich ist und die Welt nur aus seinem Blickwinkel betrachtet („selbst“) oder
  • ob der Fokus bei anderen liegt und die Person sprichwörtlich in den Schuhen eines anderen geht („andere“).

Du kennst diesen Wahrnehmungsfilter bestimmt aus dem Alltag. Beim Mittagessen sitzen zum Beispiel alle gemeinsam am Tisch und vom Sonntagsbraten ist ein letztes Stück auf dem Teller. Es gibt immer jemanden, der das letzte Stück kommentarlos auf seinen eigenen Teller lädt und es genießt. Und es gibt immer andere, die das Stück Braten auch gerne genommen hätten, aber erst einmal abgewartet haben, ob noch jemand Hunger hat und die gefragt hätten, ob jemand das Fleisch essen wollte.

Genau diese Außenpositionen des Metaprogramms repräsentieren auch Elisabeth, die sich auf andere fokussiert und Sonja, die ihren Fokus bei sich selbst hat.

An dieser Stelle ist es wichtig, sich zu erinnern, dass Metaprogramme weder gut noch schlecht sind. Sie führen einfach zu einem automatischen Verhalten, das keine schlechte Absicht verfolgt, sondern nahezu reflexartig „passiert“. Je entspannter Menschen sind, umso mehr Verhaltensweisen können sie nutzen.

Metaprogramm-Ausprägung „selbst“

Sonja aus dem Beispiel ordnet die Welt nach diesem Muster. Sie ist oft mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, reagiert nur wenig auf das Verhalten anderer und sie macht den Eindruck, nicht gut zuhören zu können. In Unterhaltungen wirkt sie manchmal abwesend, weil sie im inneren Dialog ist.

In Gesprächen wird sie kaum Gefühle zeigen und ist meistens nur durch den Inhalt des Gesagten zu überzeugen. Sie nimmt Andeutungen nicht wahr.

Selbst-Orientierte setzen sich häufig mit sich selbst auseinander und beschreiben sich gerne als Individualisten.

Sie beurteilen die Qualität einer Kommunikation aufgrund ihrer eigenen Gefühle. Daher sind sie in zwischenmenschlicher Kommunikation eher ungeschickt.

Körpersprache und Mimik des Gesprächspartners bemerken diese Menschen oft nicht. Darum wirken sie wenig empathisch.

Selbstbezogene Menschen sind dort gut eingesetzt, wo technische Expertise gefragt ist. In Berufen, in denen der Aufbau einer guten Beziehung zu anderen gefragt ist, wie zum Beispiel im Kundendienst, sind sie weniger erfolgreich.

Ein bekannter fiktiver Vertreter der Selbst-Orientierten ist Mr. Spock aus Raumschiff Enterprise.

“May I say that I have not thoroughly enjoyed serving with humans? I find their illogic and foolish emotions a constant irritant.” – Mr. Spock in Star Trek, Season 3, Episode 7

Metaprogramm selbst

Metaprogramm-Ausprägung „andere“

Elisabeth repräsentiert die Andere-Orientierten. Diese Menschen sind mit ihrer Aufmerksamkeit bei anderen. In Unterhaltungen stellen sie Blickkontakt her, sie nehmen Mimik und Körpersprache wahr und reagieren darauf.

Sie beurteilen die Qualität einer Kommunikation auf der Grundlage der Reaktionen, die sie bewusst und unbewusst an der anderen Person wahrnehmen. Sie scheinen intuitiv richtig zu reagieren.

In einer extremen Außenposition vergessen die Andere-Orientierten manchmal ihre eigenen Bedürfnisse oder ordnen sie denen der anderen unter. Umgangssprachlich heißt es dann, sie opfern sich für andere auf.

Trainer, Coaches und auch Verkäufer sollten eher andere-orientiert sein, um eine gute Beziehung herzustellen.

Das Metaprogramm „selbst – andere“ erkennen

Es gibt keine spezielle Frage, um im Vorstellungsgespräch die Metaprogramm-Ausprägung des Bewerbers zu erkennen. Achte einfach auf seine Formulierungen.

„Ich weiß, dass der Umzug meiner Familie nicht gefallen wird, aber ich kann deswegen nicht auf dieses Stellenangebot verzichten.“

Selbst-Orientierte stellen sich selbst in den Mittelpunkt ihrer Erzählungen: Ich, ich, ich. „Das ist mir wichtig.“

Sie werden vorrangig auf den Inhalt des Gesagten reagieren und wenig Variation in der Mimik und Stimme haben.

Andere-Orientierte sprechen dagegen von „wir, uns, gemeinsam“ und stellen die anderen ins Zentrum ihrer Erläuterungen.

„Meine Familie möchte nicht umziehen. Hauptsache, meine Frau und die Kinder sind glücklich.“

Sie reagieren nicht nur auf Inhalte, sondern auch auf nonverbale Kommunikation. Sie nicken zustimmend, „hm“, und sie kommen Dir auch körpersprachlich entgegen.

Manchmal habe ich es erlebt, dass Bewerber nach dem Vorstellungsgespräch fragten, ob sie mir helfen können, die leeren Kaffeetassen oder Wassergläser aufzuräumen. Das spricht für das das Metaprogramm „andere“.

Oder lass doch einfach mal „versehentlich“ einen Stift oder Unterlagen fallen. Wie reagiert Dein Bewerber? Was passiert, wenn Du niest oder hustest? Sagt Dein Gesprächspartner „Gesundheit“ oder geht er darüber hinweg?

Praxisbeispiel für die Auswirkungen des Metaprogramms „selbst – andere“

Die Fluggesellschaft Southwest Airlines hatte festgestellt, dass 95% aller Kundenbeschwerden durch nur 7% der Mitarbeiter verursacht wurden. Als Konsequenz wurde im Einstellungsprozess ein Test gemacht, bei dem Informationen gewonnen wurden, ob der Bewerber auf sich selbst oder auf andere fokussiert. Es wurden dann nur andere-orientierte Kandidaten eingestellt. Seitdem hat die Fluggesellschaft die wenigsten Beschwerden seit der Gründung. (Quelle: landsiedel-seminare.de)

Zusammenfassung: Selbst oder andere?

Hab ein großes Herz für die Metaprogramme in der Außenposition.

Richtig eingesetzt, haben beide Wahrnehmungsfilter große Vorteile.

Hast Du Dein Muster schon erkannt?

Hab eine gute Zeit, viel Spaß!
Silke