Meine Bekannte Nathalie, die in der Automobilindustrie als Key Account Managerin arbeitet, war vor kurzem wieder zu einer Preisverhandlung bei einem großen Kunden eingeladen. „Wie lief das Gespräch mit der Hexe?“ Hexe, so hatte Nathalie die verhandlungsstarke Einkäuferin getauft, die sie bei jedem Treffen durch eine gefühlte Hölle laufen ließ. „Boah, das Biest! Hat sich wieder eine neue Tortur einfallen lassen. Sie hat mich doch glatt zwei Stunden in dieser dunklen, muffigen Besprechungsbox warten lassen. Die hat doch nicht alle Tassen im Schrank, was glaubt sie, wer sie ist?“

„Wie war das Treffen mit der Einkäuferin?“ – „Du kennst sie ja. Sie zieht alle Register, um ihre Position zu behaupten und sich in eine gute Verhandlungsposition zu bringen. Sie hat mich heute zwei Stunden warten lassen. Wahnsinn, was sie alles testet. Diese Machtspiele sind anstrengend.“

Zwei Aussagen zu der gleichen Ausgangssituation. Das erste Statement hat eine sehr emotionale Sicht, die zweite Aussage beschreibt neutral die Situation. Wie reagieren Menschen auf Stress? Das ist die Kernfrage beim Metaprogramm „assoziiert – dissoziiert“.

Metaprogramm „assoziiert – dissoziiert“

In jedem Beruf wird es schwierige Situationen geben, die Mitarbeiter belasten. Viele Menschen fühlen sich dann gestresst.

„Stress hat man nicht, Stress macht man sich“

Hauptursache für empfundenen Stress sind innere Faktoren. In außergewöhnlichen, belastenden Situationen (Katastrophen) werden alle Menschen emotionale Reaktionen zeigen. Hier geht es um den Umgang mit Emotionalität bei „normalen“ Arbeitsbelastungen.

Du möchtest gerne über Deinen potenziellen Mitarbeiter wissen, wie er in einer schwierigen Arbeitssituation mit Stress umgeht. Die zwei gegensätzlichen Pole des Metaprogramm-Reglers sind:

  • Assoziiert
  • Dissoziiert

Metaprogramm-Ausprägung „assoziiert“

„Die Hexe, das Biest!“ Diese Personen reagieren sehr emotional auf normale Belastungen. Sie reagieren mit einem Gefühl und bleiben in diesem Gefühl. Stressvolle Situationen sind eine große Belastung für diese Menschen.

Manchmal wirken Personen mit einem assoziierten Muster sehr empfindlich und hypersensibel, sozusagen wie die Prinzessin auf der Erbse.

In künstlerischen und kreativen Berufen können sie dieses Muster gut einbringen, weil es darum geht, Gefühle sichtbar zu machen. Im Vertrieb fühlen sich emotional-orientierte Menschen oft unwohl, weil sie mit Zurückweisung rechnen müssen und deswegen Akquise-Situationen lieber vermeiden.

Das HB-Männchen ist einigen vielleicht noch ein Begriff:

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Die 3 besten Tipp im Umgang mit Stress

Damit Du als eher assoziierter Mensch trotzdem nicht wie das HB-Männchen in die Luft gehst, ein paar Tipps von Nina Herrmann, Expertin für Stressmanagement:

Stress ist ein uraltes, archaisches Verhaltensmuster, dass unser Überleben sichert. Stress ist also unser Retter und Beschützer, darum sollten wir aufhören ihn zu verteufeln. Du spürst Dein Herz klopfen, Du schwitzt mehr und Du bist angespannt? All das geschieht, damit Du genug Energie hast, voll da bist und in der Aufregung nicht überhitzt. Sei also ruhig dankbar für die Reaktion Deines Körpers anstatt Dich darüber zu ärgern.

Doch wie kannst Du am besten mit Stress umgehen, damit er Dich nicht belastet und krank macht? Hier sind meine 3 besten Tipps für Dich:

  1. Schau immer genau hin, ob es wirklich Stress ist, wovon Du gerade redest. Stress, der krank macht, entsteht immer dann, wenn Du das Gefühl hast eine Situation kaum oder gar nicht bewältigen zu können. Doch oft sprechen wir auch von „Stress“ obwohl wir einfach nur viel Arbeit haben oder in Eile sind. Doch jedes Mal, wenn Du denkst oder sagst „Ich bin im Stress!“, dann schaltet Dein Körper in den Stressmodus um. Also schau genau hin und ändere Deine Gedanken und Worte. „Ich bin in Eile.“ Oder „Ich habe gerade viel zu tun!“ entsprechen oft viel mehr der Realität als „Ich bin gestresst!“.
  2. Bring Bewegung ins Spiel, denn Bewegung ist der erste Schritt zum Stressabbau. Nur Bewegung kann die Stresshormone in Deinem Blut wieder abbauen. Wer gestresst von der Arbeit kommt und sich zur Entspannung direkt auf´s Sofa legt, der wird damit kaum Erfolg haben. Also erstmal eine Runde spazieren gehen oder Sport machen – danach entspannt es sich viel leichter.
  3. Tief durchatmen, und dabei auf die Atmung konzentrieren. Da Deine Atmung seit Deiner Geburt völlig selbständig funktioniert, ist das Konzentrieren auf die Atmung total überflüssig. Machst Du es aber, dann signalisierst Du Deinem Gehirn: „Hey, hier ist absolut nichts los, also entspann Dich!“. Du kannst Dich auf die Atmung konzentrieren, indem Du die Atemzüge zählst oder beim Einatmen das Wort „Ein“ und beim Ausatmen das Wort „Aus“ denkst.

Metaprogramm-Ausprägung „dissoziiert“

Menschen mit einem dissoziierten Muster reagieren in schwierigen Arbeitssituationen emotionslos. In der Regel lassen sie sich vom Stress und den Emotionen anderer nicht anstecken lassen, sondern behalten einen kühlen Kopf. Sie haben eine Distanz zur Situation und den damit verbundenen Gefühlen. Selbst in Positionen mit starken Belastungen erbringen sie zuverlässig ihre Leistung.

Dissoziierte Personen sind wenig empathisch. Es fällt ihnen schwer, mit anderen mitzufühlen, da sie selbst nicht emotional reagieren. Das entspricht dem Bild der „Eiskönigin“.

Piloten oder Fluglotsen sollten ein dissoziiertes Muster haben.

Das Metaprogramm „assoziiert – dissoziiert“ erkennen

Im Gespräch bittest Du den Bewerber von einer Arbeitssituation zu erzählen, die ihm Schwierigkeiten bereitet hat. Achte darauf, dass Dein Gesprächspartner nicht generalisiert, zum Beispiel dass Kundenreklamationen immer schwierig seien, sondern er soll von einem konkreten Erlebnis erzählen, an das er sich erinnert.

Was stellst Du bei seiner Erzählung fest?

Assoziiert: Seine Stimme und Körpersprache verändern sich deutlich. Du spürst den Stress, den er nochmals durchlebt. Er ist angespannt, manche steigern sich wieder in dieses Gefühl hinein. – Ich habe es in einem Gespräch sogar erlebt, dass der Bewerber wutentbrannt aufgesprungen ist und mich fragte, was ich mit dieser blöden Fragerei bezwecke. Auch ein deutliches Signal. 😉 Und ganz wichtig: falls so etwas passiert, hol die Person aus diesem Stresszustand wieder raus. Jedes Gespräch endet in einer positiven Atmosphäre!

Dissoziiert: er zeigt keinerlei emotionale Reaktion.

Flexibel: Einige Menschen können schnell zwischen den Mustern wechseln. Bei der gestellten Frage tauchen Sie kurz in die Emotionen ein, um dann wieder in einen neutralen Zustand zu wechseln.

70% der Menschen reagieren im Arbeitskontext flexibel auf stressige oder belastende Situationen. (Quelle: „Wort sei Dank“, Shelle Rose Charvet)

Ein gefühlloses Leben

Ist Dir schon aufgefallen, dass sich viele Menschen dauerhaft für einen dissoziierten Zustand entschieden haben und in ihrem Leben eine Zuschauerrolle einnehmen? Sie dissoziieren sich dauerhaft, sogar von ihrem eigenen Leben. Die Ursache ist verständlich und nachvollziehbar. Es gibt kaum gute Nachrichten, sondern nur Schreckensmeldungen. Beliebte TV-Serien handeln von der Zombie-Apokalypse und einem düsteren Ende, Reportagen stellen die Katastrophen in den Mittelpunkt. Um das aushalten und ertragen zu können, dissoziieren sich die Menschen. Es ist ihr Schutzmechanismus. Der ist auch in bestimmten Situationen sinnvoll, solange der Gefühllos-Modus nicht zur Normalität wird.

Was dann passiert, ist nämlich ein Vor-sich-Hinleben ohne Freude. Diese Menschen schauen sich beim Leben zu und empfinden nicht mehr die Schönheit des Moments und der kleinen Dinge. Diese Personen fühlen nur noch wenig; sie brauchen immer den extra Nervenkitzel, um sich selbst noch spüren zu können und springen dann an einem Gummiseil von einer Brücke oder in einem Fledermausanzug vom Hochhaus.

Wie können wir das ändern? Wie kommen die guten Gefühle zurück in unser Leben? „Detox“ ist das neudeutsche Stichwort dazu, entgifte Deinen Kopf. Achte sorgfältig darauf, welche Informationen Du Dir da reinpackst. Reduziere den Nachrichtenkonsum, schau witzige Filme, finde beim Spazierengehen die Stille, um Deine eigene innere Stimme wieder zu hören.

Es gibt auch Menschen, die immer assoziiert leben, weil sie noch keine andere Möglichkeit kennen: Kinder! Hast Du Kinder schon einmal beim Spielen beobachtet? Sie erleben alles mit Haut und Haar, in allen Zellen. Erinnerst Du Dich?

Zusammenfassung: Entscheide Dich für Flexibilität

Auch hier betone ich, dass beide Metaprogramm-Ausprägungen zunächst einmal wertfrei zu betrachten sind. Je nach Kontext ist es förderlich, eher assoziiert oder dissoziiert zu sein.

Mein Tipp: dissoziiere Dich eher in belastenden, stressigen Situationen, um die Wahlfreiheit zu behalten.

Trainiere regelmäßig, Dich mit schönen Erlebnissen zu assoziieren. Sieh Dich mitten in dieser Situation, spüre sie.