Das weiß doch jeder: in der Chefetage sitzen die größten Deppen, die keine Ahnung von ihren eigentlichen Aufgaben haben, sich in nebensächlichen Details verlieren und ihren Chefplatz nur noch haben, weil kompetente Mitarbeiter die desaströsen Auswirkungen von fehlerhaften Chefentscheidungen wieder in die richtigen Bahnen lenken. Wenn das mal nicht klappt, dann hören wir in den Nachrichten von eingestürzten Brücken, insolventen Unternehmen oder Ärzten, die das falsche Bein amputierten.

Harte Wort? Ja. Übertrieben? Vielleicht. Und für mich war es schon oft erlebte Wahrheit. Nein, ich habe noch beide Beine 😉 In verschiedenen Trainings- und Beratungssituationen wundere ich mich immer wieder, warum viele der Führungskräfte, die ich erleben durfte, ganz großartige Menschen sind und tolle Mitarbeiter – nur als Führungskraft bedauerlicherweise eine Fehlbesetzung.

Beförderung bis nichts mehr geht

Da ist zum Beispiel der Produktionsleiter eines mittelständischen Unternehmens. Ich nenne ihn mal Gerhard. Er arbeitet seit fast 15 Jahren in „seinem Laden“ und Gerhards Werdegang ist eine Bilderbuchkarriere. Einstieg als Hilfsarbeiter in der Verpackung, angelernt als Maschinenführer für einfache Teile, entwickelte sich zum Experten für Spezialteile, durfte erst ein Team und dann eine Schicht leiten. Heute ist er Produktionsleiter und für rund 100 Mitarbeiter verantwortlich. Die Geschäftsführung ist mit Gerhards Arbeitsleistung nicht mehr zufrieden: „Die Leute sagen, dass er keine Zeit mehr für sie hat. Er kennt die Belange seiner Teams gar nicht mehr. Hängt dauernd im Büro rum, statt in der Produktion unterwegs zu sein. Technische Neuerungen kommen auch nicht von ihm. Die Produktion braucht eine neue Ausrichtung.“ Und Gerhard selbst quält sich jeden Morgen aus dem Bett. Am Liebsten würde er alles hinschmeißen und einfach wieder auf seiner alten Schicht arbeiten. Er ist mit seiner Position als Produktionsleiter überfordert.

Solche und ähnliche Geschichten gibt es in jedem Unternehmen. Dieses Prinzip der Spitzenunfähigkeit ist nicht neu. Schon 1969 fand Laurence J. Peter einen provokativen Erklärungsansatz dazu:

Das Peter-Prinzip

Dahinter steckt die Beobachtung, dass in komplexen Hierarchien die Mitarbeiter so lange befördert werden, bis sie absolute Unfähigkeit erreicht haben und somit das Maximum ihrer Karriereleiter. So wie Gerhard in meinem Beispiel. Toller Maschinenführer und Experte in der Produktion, gute Führungskraft bei einem mittelgroßen Team, als Stratege für die zukunftsorientierte Gestaltung der Produktion eine Fehlbesetzung.  Es entsteht eine Hierarchie der Unfähigen:

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Wer nur faul, boshaft und unfähig genug ist, kann es sehr sehr weit bringen. – aus dem Film

„Wenn sich die Strebsamen nicht besinnen und beizeiten dieses Prinzip durchbrechen“, schließt Peter, „wird der Homo sapiens früher oder später seinen Grad der Lebens-Inkompetenz erreichen wie einst Dinosaurier Säbelzahn-Tiger und Mammut.“

Gibt es ein Heilmittel gegen das Peter-Prinzip?

Das ist genau die Frage, mit der sich Personaler beschäftigen dürfen. Wie lässt sich eine solche Fehlentwicklung im Unternehmen vermeiden und wie werden die richtigen Mitarbeiter für die verschiedenen Aufgaben gefunden?

Wir brauchen Antworten,

  1. warum sich ein Mitarbeiter um seine Beförderung bemüht, obwohl er den Anforderungen nicht gewachsen ist. Was ist seine Motivation?
  2. Was die Gründe sind, einen Mitarbeiter zu befördern. Welche Auswahlkriterien werden genutzt?
  3. Wie Personalentwicklung konzipiert ist und geprüft wird, um den richtigen Mitarbeiter ein persönliches Wachstum und die Übernahme von Führungspositionen zu ermöglichen.

Die Motivation des Mitarbeiters

Karriere machen – wer hat das nicht als Ziel für sich definiert? Oder nennt es zumindest als Schlagwort, wenn er nach seinen Zielen im Leben gefragt wird, selbst wenn diese „Karriere“ völlig diffus und unklar ist. Oft steckt nicht einmal eine konkrete Vorstellung des Berufsweges dahinter, sondern äußere Bedingungen, die vermeintlich auf Karriere hinweisen können: mein Auto, mein Haus, mein Boot. Vielleicht noch Urlaub auf den Malediven. Und wer sich das leisten kann, der hat es geschafft; er hat Karriere gemacht. Und für diese „Karriere“ täuschen sich viele Menschen selbst, sind nicht ehrlich zu sich, was ihnen Spaß macht und kämpfen für ein Vorwärtskommen, für das Erklimmen der Karriereleiter.

Karriere ist nicht nur vertikal möglich. Neben der Führungskarriere darf auch die Fachkarriere in den Unternehmen einen hohen Stellenwert erhalten.  Experten in einer Sache können ihre Expertise weiter ausbauen und eine Fachkarriere anstreben, sei es unternehmensintern als Berater oder Trainer oder Projektleiter. Abteilungswechsel sind denkbar. Einige Unternehmen bieten ihren Fachexperten das Gehalt und den Titel eines Direktors an, ohne dass sie hiermit Vorgesetztenfunktionen übernehmen müssen.

In Hinblick auf Führungskarriere halte ich „Mobilität“ in der Hierarchie für notwendig. Stellt ein Mitarbeiter für sich fest, dass er mit der angestrebten Führungskarriere nicht glücklich wird, dann sollte auch der Schritt „abwärts“ auf der Karriereleiter zulässig sein. Einige Unternehmen arbeiten mit Testperioden „Führung auf Zeit“ und ermöglichen auch den Schritt zurück.

Eine gute Führungskraft weiß um ihren eigenen Wert und um den ihrer Mitarbeiter. Und weiß, dass nur beide zusammen wirklich erfolgreich sind. – Olaf Dammann, LEBEN-FUEHREN

Was Karriere tatsächlich ist, muss jeder Mensch anhand seiner eigenen Maßstäbe beurteilen.

Die Auswahlkriterien bei Beförderungen

Der Grund für viele Beförderungen sind gute oder gar exzellente Leistungen eines Mitarbeiters. Wer seinen Job gut macht, rutscht auf der Karriereleiter eine Stufe höher. Die Leistungsbeurteilung lässt allerdings die Beurteilung des Mitarbeiterpotenzials völlig außer Acht. Dabei gilt auch hier, beim internen Talentmanagement genau der gleiche Leitspruch wie bei der Auswahl von neuen Mitarbeitern: „Hire character, train skill.“

Das Erstellen eines Anforderungsprofils für die zu besetzende Stelle ist unerlässlich. Das Nutzen der Metaprogramme als Auswahlkriterium unterstützt bei der Potenzialbeurteilung des Mitarbeiters.

Internes Talentmanagement und Personalentwicklung

Sind die internen Potenzialträger überhaupt bekannt? Gibt es für sie einen Entwicklungsplan und werden die Talente gezielt gefördert? Wie wird geprüft, ob Schulungs- und Entwicklungsprogramme zielführend sind?

Personalentwicklung nach alten Systemen hat ausgedient. Die Anforderung an Personalentwicklung lautet: flexibel, am Einzelnen orientiert, schnell und stellenbezogen, über Abteilungsgrenzen hinweg. Lernen wird mobil.

Zusammenfassung: Inkompetenz macht Karriere

Beförderungen brauchen Fingerspitzengefühl und eine gute POTENZIALbeurteilung.

Die neuen Karrierekonzepte stellen die Entwicklung des Mitarbeiters in den Vordergrund. Statt festgelegter Laufbahnen beschreiben die neuen Karrierekonzepte vor allem Entwicklungsschritte. Karriere entsteht Kompetenzerweiterung.