Job Fit und Cultural Fit gehören zu den aktuellen Schlagworten, wenn es darum geht, die richtigen Mitarbeiter zu finden. „Fit“ in der deutschen Sprache genutzt, steht für gesund oder in Form. Bewerber sollen für die Stelle fit sein, also alle gewünschten Anforderungen erfüllen. Schauen wir noch auf die englische Bedeutung von „fit“: fit = passen. Genau das ist der springende Punkt, der immer mehr an Bedeutung gewinnt. Der Mitarbeiter soll für die Stelle und ins Unternehmen passen. Es geht darum, den richtigen Mitarbeiter zu finden.

Persönlichkeit steht vor Fachkenntnis

Die Definition, was passen muss, beschränkt sich oft auf fachliche Anforderungen. Dabei geht es um weit mehr. „Hire character, train skills“ (Peter W. Schutz) ist aus meiner Sicht für eine gute Mitarbeiterauswahl unerlässlich. Persönlichkeit steht vor Fachkenntnis. Das heißt auch, dass nicht immer der fachlich beste Bewerber oder Mitarbeiter für die vakante Stelle der richtige ist. Fachkenntnisse zu erwerben ist eine Frage des Lernens. Die Persönlichkeit eines Menschen ist gegeben und (kurzfristig) nicht zu ändern. Warum auch? Jeder ist gut so, wie er ist. Es kommt nur darauf an, ihn gemäß seiner Stärken einzusetzen.

Im Wettbewerb um den größten Marktanteil, die Kostenführerschaft oder um den technischen Vorsprung konzentrieren sich erfolgreiche Unternehmen auf ihre Stärken und Kernkompetenzen, somit auch auf die ihrer Mitarbeiter.

Stärken der Mitarbeiter erkennen

Wie können Sie die persönlichen Stärken von Bewerbern und Mitarbeitern denn erkennen? Im Grunde ist es ganz einfach: zuhören und beobachten. Die Sprache eines Menschen offenbart viel über seine Verhaltensstrukturen, so dass Sie schon in einem kurzen Gespräch einiges über Interessen, Werte und Verhaltensmuster erfahren.

Ein kurzes Beispiel, damit es ganz konkret für Sie ist. Wir sehen die Welt nicht wie sie ist, sondern wie wir sind. Wir betrachten alles mit unserer persönlichen Brille. Stellen wir uns beispielhaft die Frage, wie ein Mitarbeiter ins Handeln kommt. Indem er sich von einem Problem fortbewegt oder auf ein Ziel zubewegt? Von etwas weg oder auf etwas hin zu?

Der Von-weg-Orientierte weiß sehr genau, was er nicht möchte. Er spricht von Situationen, die vermieden werden müssen oder von Problemen, die es zu lösen gilt. „Ich hätte all diese Routinearbeiten nicht mehr und wäre nicht mehr so oft auf Reisen. Außerdem würde ich befördert.“

Der Hin-zu-Orientierte spricht davon, war er erreichen möchte und hat seine (positiv formulierten) Ziele im Fokus. „Ich würde befördert werden und persönlich zufrieden sein.“

Stärkenorientierter Einsatz der Mitarbeiter

Wie können Sie diese Kenntnis nun als Führungskraft nutzen? Indem Sie dem Mitarbeiter die passenden Aufgaben geben. Der Von-weg-Orientierte ist motiviert, wenn es darum geht, Probleme zu lösen oder drohende Ereignisse zu vermeiden. Terminsetzungen („deadlines“) lassen ihn aktiv werden. Er ist genau an der richtigen Stelle, wenn es um Krisenmanagement geht oder mögliche Hindernisse ausgemacht werden sollen. Mitarbeiter in der Qualitätssicherung, im Lektorat oder in der Buchhaltung sollten von-weg-orientiert sein.

Der Hin-zu-Orientierte motiviert sich durch das, was er bekommt und erreichen möchte. Diese Menschen sprechen gut auf Provisions- und Incentiveprogramme an. Eine Hin-zu-Motivation ist vorteilhaft bei allen Mitarbeitern mit Ergebnisverantwortung und klaren Zielvorgaben, zum Beispiel im Projektmanagement, in Führungspositionen, im Bereich Strategie und viele Positionen im Verkauf.

Was hat das nun mit der Gesundheit der Mitarbeiter zu tun?

Gute Führung hält gesund

Die Aufgaben von Führungskräften sind vielfältig – nun bürdet man ihnen auch noch die Verantwortung für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter auf. Geht das nicht zu weit? Ist nicht jeder Mensch für seine Gesundheit selbst verantwortlich? Ja, das ist er bestimmt und Führungskräfte haben einen erheblichen Anteil an der Gesundheit ihrer Mitarbeiter. Neben der Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Organisation von Arbeit beeinflussen maßgeblich das wahrgenommene Führungsverhalten und die Unternehmenskultur die Gesundheit der Mitarbeiter.

Die Studie TOP JOB/ Uni St.Gallen aus 2013 zeigt, dass die Führung im Unternehmen der Dreh- und Angelpunkt für die Gesundheit ist. In Unternehmen, in denen die Führungskräfte sowohl ergebnisorientiert als auch inspirierend führen, sind die Mitarbeiter deutlich gesünder. Genau darauf baut eine gesunde Führung auf.

Konkrete Maßnahmen

  1. Vorbild sein
    Die Vorbildwirkung von Geschäftsleitung und Führungskräften ist für die Gesundheit im Unternehmen nicht zu unterschätzen. Gesunde Chefs haben gesunde Mitarbeiter. Achten Sie also darauf, sich selbst gesund zu halten. Wie das trotz wenig Zeit geht und sogar im Büro funktioniert, beschreibt Olaf Kapinski von LEBEN-FÜHREN in seinem Podcast „Beweg Dich“.
  2. Stärkenorientierter Einsatz und Ansprache der Mitarbeiter
    Für die psychische Gesundheit von Mitarbeitern ist der Arbeitsinhalt ein wichtiger Bestandteil. Tätigkeiten, für die Mitarbeiter die passenden Kompetenzen haben, sind persönlichkeits- und gesundheitsförderlich. Mitarbeiter können sich dann weiterentwickeln und gewinnen Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten. „Führungskräfte sollten daher darauf achten, Aufgaben so zu verteilen, dass die Ressourcen der Mitarbeiter mit dem Anspruchsniveau und den eigenen Fähigkeiten in Einklang stehen.“ (aus der Studie TOP JOB/ Uni St.Gallen)
  3. Wertschätzung
    Mitarbeiter werden oft als Ressource betrachtet und sind mit ihrer Personalnummer Teil eines Systems. Dabei steckt hinter jeder „Nummer“ auch immer ein Mensch mit seiner persönlichen Geschichte. Lassen Sie es deswegen doch einfach etwas „menscheln“, denn persönliche Wertschätzung schafft auch Wertschöpfung.
  4. Empowerment
    Machen Sie die Mitarbeiter zu Experten in eigener Sache. „Ein guter Mitarbeiter trifft in 70 Prozent aller Fälle dieselben Entscheidungen wie sein Chef. In 20 Prozent fällt er bessere Entscheidungen, weil er von der Sache mehr Ahnung hat. Und in 10 Prozent liegt er daneben“ so Daniel Ek, Gründer von Spotify.

Individuelle Ansätze sind gefragt

Die Gesundheit der Mitarbeiter ist Einstellungssache –verteilt auf vier Verantwortungsgruppen:

  • die Personen im Unternehmen, die entscheiden, ob der Bewerber oder Mitarbeiter im doppelten Sinne fit für die Stelle ist
  • die Führungskräfte, die durch ihre Vorbildfunktion und ihren Führungsstil maßgeblich die Gesundheit beeinflussen
  • die Unternehmensleitung, die Rahmenbedingungen für eine gesunde Unternehmenskultur schafft
  • die Mitarbeiter selbst, die eigenverantwortlich ihre Gesundheit sicherstellen.

Es gibt kein Allheilmittel, kein Standardrezept für die Gesundheit der Mitarbeiter im Unternehmen. „One fits all“ würde der Individualität der Menschen und Unternehmen nicht gerecht werden. Individuelle Ansätze sind gefragt.

Dieser Artikel erschien ursprünglich im März 2015 als Gastbeitrag im Blog von Katharina Stapel.