Wieder so ein Modethema? Die Messe Zukunft Personal in Köln hat das Schwerpunktthema Arbeiten 4.0 und passend gibt es im Vorfeld den Aufruf, sich an der entsprechenden Blogparade zu eben diesem Thema zu beteiligen. #HRLab – Müssen Personaler zu Experimentier-Agents für „arbeiten 4.0“ werden? Und wenn ja, wie?

Der Gedanke ruft bei mir mehr negative als positive Assoziationen hervor. HR´ler in weißen Kitteln stehen an ihren Controlpanels und steuern digital das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter, die verängstigt in Käfigen hocken und wimmern? Ich sehe schon die Demonstrationen vor den Personalbüros: Stoppt die Mitarbeiterversuche! … Ok, Fantasiegeschichten liegen mir. 😉

Experimentieren hat auch etwas Positives: im geschützten Rahmen einfach mal etwas Neues testen, um zu sehen, was gut funktioniert und was nicht. Erst durch die Anwendung wird unser Wissen wertvoll, denn…

Kennen heißt nicht können.

So ist auch all unser Wissen über „Arbeiten 4.0.“ wertlos, wenn wir nicht etwas Praktisches daraus ableiten.

Wieder so ein Trend?

Was eigentlich ist denn Arbeiten 4.0? Da tauchen Stichworte wie Automatisierung, Digitalisierung, Crowd- und Clickworking, Big Data, Agilität und fluide Strukturen auf. Und jetzt? Ich bin ganz ehrlich: mich macht das alles etwas müde. So viele Modeworte, so viel Wischiwaschi und wenig Greifbares über die Zukunft der Arbeit.

Ich liebe Diskussionen über Trends. Ich lese gerne die Blogs meiner Bloggerkollegen und freue mich ehrlich über so viel wertvollen Input. Am Ende bleibt trotzdem oft die Frage, wie ich damit im täglichen Arbeitsleben umgehen darf. Viel Theorie, keine praktische Lösung. Was kann ein Personaler in seinem Arbeitsalltag damit konkret anfangen?

Ich komme aus der Praxis. Wer nicht gerade als Personaler im Vorstand oder in der Geschäftsleitung vertreten ist, der liest diese Themen am Rande mit. Und das nicht aus mangelndem Interesse, sondern weil ganz einfach die Zeit fehlt, um sich mit Strategien zu beschäftigen. Und die Kompetenz! Wie viele Personaler werden bei ihrem Arbeitgeber gehört, wenn sie Empowerment der Mitarbeiter praktisch umsetzen wollen oder gar Umstrukturierungen im Sinne der Agilität vorschlagen?

Meine Kunden sind erfolgreiche Unternehmen im Mittelstand und manchmal staunen sie nahezu ehrfürchtig über innovative HR-Ansätze in großen Konzernen. Die finanzstarken Unternehmensgruppen können sich eine größere Mannschaft leisten, sich mit vielen Beratern und Strategen umgeben und große Softwarelösungen einführen. Doch das hat für mich wenig mit Arbeiten 4.0 zu tun, wenn ich sehe dass selbst Recruiter in internationalen Konzernen jede Online-Bewerbung ausdrucken, um das geliebte Papier wieder in der Hand zu halten. Von außen mit Arbeiten 4.0 beschriften und nach innen Arbeiten 1.2 zu leben – das hat mit Gestalten, Querdenken und Experimentierlabor wenig zu tun. Diese Mogelpackungen bringen auch keinen Fortschritt.

Die Arbeitswelt ändert sich, garantiert.

In dem Punkt wird es wohl die größte Zustimmung geben: die Arbeitswelt ändert sich. Das ist im täglichen Leben präsent und auch in jedem Personalbüro angekommen. Es gibt nur noch wenige Unternehmen, wo die Bewerber Schlange stehen für einen Arbeitsplatz. Im Schnitt brauchen die Arbeitgeber 3-6 Monate, um die richtigen Mitarbeiter zu finden. Die Bewerbungswege ändern sich und Augenhöhe oder Wertschätzung sind die aktuellen Stichworte zum Beziehungsaufbau mit potenziellen Mitarbeitern. Auch die Digitalisierung ist unser Alltag. Schritt für Schritt ändert sich dadurch unsere Welt.

Wo können wir konkret ansetzen, um Arbeiten 4.0 zu ermöglichen? Was heißt es für das Arbeitsleben? Gunter Dueck gibt ein paar Antworten:

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Die drei Fragen zum Arbeiten 4.0

  1. Was ist die Arbeit in der Zukunft? Wie sieht sie für jede Stelle aus, wenn Roboter und PCs die Routinearbeiten erledigen?
  2. Wie passen die Menschen in dieses Arbeitskonzept?
  3. Was brauchen die Menschen, um die neuen Rollen gut wahrnehmen zu können?

An erster Stelle geht es darum, zu prüfen, welche Routinearbeiten zukünftig nicht mehr durch Menschen erledigt werden. Das fängt an beim Vergleichen von Kreditmöglichkeiten und geht hin bis zu selbstfahrenden Bussen oder PKW. Es entfallen nicht nur Aufgabenbereiche, sondern ganze Berufsbilder werden verschwinden. In seinem Vortrag zum BarCamp Arbeiten 4.0 bringt Gunter Dueck einige Beispiele dazu.

Was bleibt, ist der Arbeitsanteil, der jeden Mitarbeiter zum Spezialisten in seinem Fach macht. Der Teil, den Maschinen nicht für uns übernehmen können; im Grunde also der Kontakt und das Vernetzen mit anderen Menschen.

An dieser Stelle ist klar, dass Personaler für ihren eigenen Bereich die Arbeit 4.0 definieren können, aber nicht unternehmensweit. Fach- und Führungskräfte sind gefragt, die einzelnen Stellen im Sinne von Arbeiten 4.0 zu gestalten.

Bei der Frage, wie Menschen in das neue Arbeitskonzept passen, sind die Personaler angesprochen. Und was benötigt wird, um das Arbeiten 4.0 zu realisieren. HR hat hier die Chance, Unternehmenskulturen entscheidend mitzugestalten. Welche Rolle spielt der Mensch in Zukunft? Wie können sich die Menschen im Unternehmen entwickeln, damit Arbeiten 4.0 möglich wird?

Welche Einflussmöglichkeiten die Personaler letztlich haben, hängt davon ab, welche Rolle HR im Unternehmen einnimmt. Weg vom Verwalten, hin zum Gestalten. Das ist die Minimalforderung an die Praxis. So klein der Schritt erscheinen mag, er wird nicht in jedem Unternehmen gemacht. Stefan Döring geht auf die verschiedenen Sichtweisen in seinem Artikel „Arbeitswelt 4.0 und HR – ein Versuch der Sachlichkeit“ ein.

HR in der Vorreiterrolle

Natürlich ist Arbeiten 4.0 (auch) ein HR-Thema. Für mich keines, das auf der Prioritätenliste ganz oben stehen muss, denn die kreative Gestaltung und Umsetzung von Arbeiten 4.0 ist ein unternehmensweites Thema, dessen Antreiber an anderer Stelle sitzen.

Sich zurücklehnen und Däumchen drehen ist auch nicht zielführend. Ich wünsche mir von den Personalern, dass sie hier ihre Chance sehen und ergreifen, entscheidend mitzugestalten. Wie? Im eigenen Bereich starten und die Vorreiterrolle übernehmen. Anfangen, Schritt für Schritt machen und auf den Erfolg vertrauen.

Thomas Eggert schreibt knackig über diesen Gedanken: „Personaler: Erst die Pflicht, dann die Kür. Es nützt nichts, wenn sich HR nur mit der Digitalisierung oder arbeiten 4.0 beschäftigt und selbst nichts dazu beiträgt.“ Die ganze HR-Szene diskutiert über das Thema. Die einzigen, von denen nichts zu hören ist, sind die Personaler. „Woran liegt es, dass wir so wenig (bis gar kein) Feedback direkt von Personalern bekommen? Sind das doch die falschen Themen oder sehen wir die Welt aus einer verkehrten Sicht?“

Dem schließe ich mich an. Und jetzt ganz konkret: Lieber Personaler, was sagst DU zu dem Thema? Trau Dich mal einen Schritt aus Deinem HR-Schattendasein raus und schreib im Kommentar, ob das Ganze für Dich überhaupt relevant ist. Oder welche Themen alle Berater und Dienstleister auf dem Schirm haben sollten, damit Du erfolgreich Deine Aufgaben erledigen kannst.

Zusammenfassung: Arbeiten 4.0 – klar, mit Unterstützung durch HR

Rund um Arbeiten 4.0 wird ein Wirbel gemacht, den ich nicht nachvollziehen kann. Wie konkret ist das Ganze denn?

HR wird selbstverständlich bei der Realisierung von neuen Arbeitswelten mitwirken. Wer sonst ist zuständig für die Menschen im Unternehmen?

Und, liebe Personaler, seht das als Eure Chance, Unternehmenswelten mitzugestalten. Startet im eigenen Bereich und zeigt den anderen, was möglich ist. Anfangen und auf den Erfolg vertrauen.