Nun, es sollte nicht nach Rom gehen, sondern mit den Auszubildenden nach Seefeld in Tirol. Bettina (Ausbildungsleiterin) und Chris (Leiterin der Personalentwicklung) wollten im Rahmen einer viertägigen Tour die Auszubildenden auf den Einstieg ins Berufsleben nach dem Lehrabschluss vorbereiten. Und die Jugendlichen mit ein paar Freizeit- und Abenteuer-Elementen für die guten Prüfungsergebnisse belohnen.

Tourenplanung vier Wochen vor der Abreise. Bettina hatte schon vieles vorbereitet und für jeden Tag einen Tagesplan erstellt. Nun mochte sie Chris nicht damit überrumpeln und fragte, wie denn Chris´ Plan für den ersten Tag vor Ort sei. Chris: „Keine Ahnung, ich habe keinen Plan. Wir kommen am Vortag spät an, schlafen erstmal aus und schauen dann im Laufe des Vormittags, welche Möglichkeiten wir vor Ort haben.“

Bei Bettina drehte sich der Magen um. Das konnte nicht Chris´ Ernst sein, oder? „Schau mal Chris, ich habe mir schon Gedanken gemacht: um halb acht ist Frühstück, danach gehen wir alle gemeinsam ins Dorf und orientieren uns. Ab zehn Uhr machen wir unseren ersten Workshop mit den Azubis. Das passt super, weil wir danach um zwölf gleich essen gehen können und dann…“ Chris unterbrach sie: „Du hast schon die ganze Zeit durchgeplant? – So werden wir total unflexibel. Vielleicht ergeben sich vor Ort noch ganz neue Alternativen! Die mag ich nicht durch eine starre Planung ausschließen.“ Spannung lag in der Luft.

Metaprogramm „optional” oder „prozedural” – was ist der Grund der Motivation?

Wahrscheinlich kommt Dir die beschriebene Situation bekannt vor. Zum Beispiel aus dem privaten Bereich, wenn ein Paar das gemeinsame Wochenende plant und der eine sich nicht festlegen möchte, während der andere alle Aktivitäten auflistet, inklusive Plan B, C und D. Oder beim Kofferpacken für den Urlaub, wenn der eine mit Checkliste arbeitet, während der andere das in den Koffer packt, was ihm gerade in den Sinn kommt. Oder wenn es um die Organisation von Veranstaltungen geht, die Reihenfolge aller Redner seit Wochen feststeht und im letzten Moment ein Verantwortlicher doch noch die Abfolge der Auftritte ändert.

In solchen Situationen liegt viel Konfliktpotenzial – dabei geht es einfach nur um das Metaprogramm „optional“ und „prozedural“ in seinen gegensätzlichen Ausprägungen. Du wirst schon erkannt haben, dass Bettina prozedural und Chris optional ist. Es geht bei diesem Metaprogramm um die Frage, ob Menschen lieber etablierte Prozesse und Prozeduren befolgen oder ob ein ständiges Suchen nach Alternativen ihr Verhalten bestimmt.

Metaprogramm-Ausprägung „optional“

Chris ist also optional. Sie liebt es, viele Möglichkeiten zu haben und schätzt Abläufe, die sie frei gestalten kann.

Optionale Menschen sind motiviert, wenn sie die Möglichkeit haben, etwas auf neue Weise zu gestalten. Sie entwickeln gerne neue Verfahren und Systeme. Spontaneität und Zufälle sind dabei immer willkommen. Am liebsten wäre es den Options-Orientierten, man würde ihnen nur sagen, was zu erledigen ist und sie das „wie“ komplett frei gestalten lassen. Shelle Rose Charvet schreibt dazu in ihrem Buch „Wort sei Dank“ [Werbung]: „Wenn Sie einer optionsorientierten Person eine absolut sichere Methode geben, eine Million zu verdienen, wird sie versuchen, die Methode zu verbessern.“

So gerne optionale Menschen neue Verfahren und Systeme schaffen, haben sie selbst Schwierigkeiten, sie selbst zu befolgen. Sie beschäftigen sich gerne mit Entwicklung und Vorbereitung, möchten sich aber nicht mit Wartung und Wahrung befassen.

Da sich Optionsorientierte gerne alle Türen offen halten, also über möglichst viele Alternativen verfügen möchten, tun sie sich oft schwer sich endgültig zu entscheiden. Dadurch wirken sie manchmal unverbindlich.

Ihr Drang, immer nach neuen Möglichkeiten zu suchen, macht sie zu „Regelbrechern“. Sie nehmen Anweisungen nur eingeschränkt und widerwillig an. Ihre Arbeitsweise wirkt oft unstrukturiert.

Optional orientierte Personen sind sehr gut geeignet für kreative Prozesse, in denen neue Lösungen gefunden werden sollen oder Alternativen zu Bestehendem entwickelt werden müssen. Berater, Projektleiter, Verkäufer im Aufbau von Neugeschäft sollten eher optional orientiert sein.

Metaprogramm-Ausprägung „prozedural“

In meinem Beispiel ist Bettina prozedural orientiert. Sie plant gerne im Voraus und führt Prozesse gerne von Anfang bis zum Ende aus. Sie hat vieles im Blick und somit unter Kontrolle.

Prozedural orientierte Personen gehen nach Plan vor. Sie lieben Checklisten und arbeiten sich Schritt für Schritt durch. Sie schätzen das strukturgebende Element von Abfolgen, die ihnen Orientierung bieten. Sie würden einen bewährten Weg, der zum Ziel führt, nicht zu ändern. Prozedurale Menschen konzentrieren sich auf ihre Aufgaben, bringen sie Schritt für Schritt zu Ende und wirken darum zuverlässig.

Das Einhalten von Anweisungen und Vorgehensweisen gibt prozedural orientierten Menschen Sicherheit. Bei offenen Aufgabenstellungen würden diese Personen leichter in eine Sackgasse geraten, wenn es keine genauen Anweisungen gibt. Funktioniert eine Prozedur nicht oder nicht mehr, dann geraten diese Menschen schnell in einen Zustand des „Feststeckens“, da sie aus dem Stehgreif kaum eine andere Vorgehensweise finden würden.

Prozedural orientierte Menschen sind überall dort richtig eingesetzt, wo es um das Einhalten von Abläufen geht. Produktionsmitarbeiter, Buchhalter, Mitarbeiter im Verkaufsinnendienst und Qualitätsprüfer sollten prozedural sein, ebenso wie in hohem Maße Piloten oder Chirurgen.

Das Metaprogramm „optional – prozedural“ erkennen

Im Vorstellungsgespräch wirst Du wahrscheinlich mit dem Bewerber über seinen Lebenslauf sprechen. Frage ihn nach dem „warum“ seiner Lebensstationen. Zum Beispiel „Warum haben Sie sich gerade für diesen Ausbildungsberuf entschieden?“ oder „Warum haben Sie sich für Ihren aktuellen Arbeitgeber entschieden?“

Der Optionale wird Dir Gründe nennen, warum er sich so und nicht anders entschieden hat: „Ich hatte die Möglichkeit, bei einem Weltmarktführer zu arbeiten, die Stelle entsprach genau meinen Stärken und ich hatte die Chance, mich weiter zu entwickeln.“

Der Prozedurale wird Dir wahrscheinlich mit einer Geschichte antworten, die das „wie“ beschreibt. Manchmal erzählen sie auch, dass sie nicht selbst gewählt haben; „es ist passiert“ und sie beschreiben eher konkrete Tätigkeiten als abstrakte Möglichkeiten: „Nun, das war so. Ich war mit dem Studium fertig und habe einen Job gesucht. Diese Bank war die erste, die mir einen Arbeitsplatz angeboten hat.“

Achte außerdem auf die Sprache des Bewerbers. Eine optionale Person wird von Gelegenheiten sprechen, von Alternativen und Möglichkeiten oder auch davon, mal eine Ausnahme zu machen.

Prozedural Orientierte erzählen vom richtigen Weg, sie beschreiben Abläufe, Reihenfolgen „erstens.., zweitens.., drittens…“ und beschreiben bewährte und erprobte Vorgehensweisen.

Tipps für die Stellenanzeige

Bist Du auf der Suche nach optionalen Mitarbeitern? Dann beschreib in der Stellenanzeige die Möglichkeiten, die der Mitarbeiter gewinnt. „Sie möchten gerne Neues entwickeln und umsetzen, ganz einfach innovative Wege mit uns gehen? Dann bewerben Sie sich.“

Für die Suche eines prozeduralen Mitarbeiters kannst Du schon gleich im Bewerbungsprozess Strukturen und Abläufe anbieten: fordere einen tabellarischen Lebenslauf und Bewerbungseingang bis zu einem bestimmten Datum. Erschaffe Regeln, mit denen sich der Prozedurale wohlfühlt.

Zentrales Metaprogramm im Arbeitskontext

Dieses Metaprogramm ist für die Einstellung von Mitarbeitern eines der zentralen, die jeder Personaler und Personalverantwortliche kennen sollte. Viele Konflikte ließen sich vermeiden, wenn die Mitarbeiter ihrem Muster entsprechend eingesetzt würden. Eine prozedural orientierte Person wird nur eingeschränkte Leistungen erbringen könne, wenn sie im Kreativbereich eingesetzt ist und neue Lösungen finden soll. Ein optional orientierter Mensch wird große Mühe damit haben, sich an definierte Arbeitsabläufe und Vorgehensweisen zu halten.

Natürlich gilt auch hier: je entspannter ein Mensch ist, umso einfacher kann er auch auf die volle Bandbreite der Verhaltensmöglichkeiten zugreifen.

Hier noch ein Video von Shelle Rose Charvet, in dem sie erklärt, wie die Wahl unserer Worte relevant ist, wenn wir uns mit dem Metaprogramm „optional – prozedural“ beschäftigen:

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